EU fördert Spitzenforschung am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen
München, 21. Januar 2014. Professor Dieter Edbauer (37) vom Münchner Standort des DZNE erhält einen mit rund zwei Millionen Euro dotierten „Consolidator Grant“ des Europäischen Forschungsrats (ERC). Die Auszeichnung geht an junge Forscher, die mit ihren Projekten wissenschaftliches Neuland betreten. Mit der finanziellen Unterstützung möchte Edbauer bislang unheilbare Hirnerkrankungen untersuchen und Maßnahmen zu deren Behandlung entwickeln. Dabei geht es um die häufigste erbliche Variante der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und Frontotemporalen Demenz (FTD)
Im Fokus des Münchner Molekularbiologen stehen höchst sonderbare Proteine, die im Gehirn der Patienten verklumpen. Erst vor wenigen Monaten konnten Edbauer und seine Kollegen die Zusammensetzung und Herkunft dieser Eiweißmoleküle entschlüsseln.
„Diese Proteine bestehen aus einer Kette immer gleicher Bausteine. Wir nennen sie Dipeptid-Repeat-Proteine, kurz DPRs. Im Körper kommen sie normalerweise gar nicht vor. Sie sind also sehr ungewöhnlich“, erläutert Edbauer, der am Münchner Standort des DZNE eine Arbeitsgruppe leitet.
Übersetzungsfehler im Gehirn
Die Forscher konnten diese Proteine auf eine genetische Besonderheit zurückführen. „Auf der DNA dieser Patienten gibt es einen bestimmten Abschnitt, der sich hundert- oder sogar tausendfach wiederholt. Bei gesunden Personen kommt diese Sequenz weniger als 30-mal vor. Erstaunlich ist allerdings, dass daraus Proteine entstehen. Denn diese Wiederholungen liegen in einem Bereich des Erbguts, der eigentlich nicht in Proteine übersetzt wird“, so der Molekularbiologe.
Was diese Proteine genau bewirken, ist unklar. „Wir wissen sehr wenig über ihre Wirkung und Eigenschaften. Mit unserem Projekt betreten wir wissenschaftliches Neuland“, sagt Edbauer. „Es scheint, dass die DPRs für den Organismus völlig nutzlos sind und dass sie die Nervenzellen schädigen. Das möchten wir genauer untersuchen. Außerdem wollen wir herausfinden, wie diese Proteine hergestellt werden, weil gänzlich unklar ist, warum dieser besondere Genombereich überhaupt übersetzt wird.“
Zielgerichtete Therapie
Edbauers Team wird neben Gewebeproben von Patienten auch Zellkulturen und Mäuse mit gentechnisch verändertem Erbgut untersuchen, um neue Ansatzpunkte für eine Therapie zu finden. „Wir möchten Wirkstoffe testen, die die Herstellung dieser Proteine verhindern oder deren Verklumpung ausbremsen“, beschreibt er das Forschungsvorhaben.
Die Maßnahmen zur Behandlung von ALS und FTD, die derzeit verfügbar sind, können bestenfalls Symptome lindern. Bislang gäbe es keine Möglichkeit, den Krankheitsverlauf zu stoppen, erläutert Edbauer: „Die DPRs könnten ideale Angriffspunkte für eine spezifische Therapie sein, weil sie bei gesunden Menschen nicht vorkommen. Wenn wir gezielt gegen diese Proteine vorgehen, dann sollten wir damit keine lebenswichtigen Stoffwechselvorgänge durcheinander bringen. Das minimiert die Gefahr von Nebenwirkungen.“
Die Förderung durch das ERC sieht der Münchner Forscher als große Chance: „Ich hoffe, dass wir einen wichtigen Schritt in Richtung einer ursächlichen Therapie machen können, die diese verhängnisvollen Erkrankungen an der Wurzel packt.“ (DZNE/MyHandicap/pg)
München, 21. Januar 2014. Professor Dieter Edbauer (37) vom Münchner Standort des DZNE erhält einen mit rund zwei Millionen Euro dotierten „Consolidator Grant“ des Europäischen Forschungsrats (ERC). Die Auszeichnung geht an junge Forscher, die mit ihren Projekten wissenschaftliches Neuland betreten. Mit der finanziellen Unterstützung möchte Edbauer bislang unheilbare Hirnerkrankungen untersuchen und Maßnahmen zu deren Behandlung entwickeln. Dabei geht es um die häufigste erbliche Variante der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und Frontotemporalen Demenz (FTD)
Im Fokus des Münchner Molekularbiologen stehen höchst sonderbare Proteine, die im Gehirn der Patienten verklumpen. Erst vor wenigen Monaten konnten Edbauer und seine Kollegen die Zusammensetzung und Herkunft dieser Eiweißmoleküle entschlüsseln.
„Diese Proteine bestehen aus einer Kette immer gleicher Bausteine. Wir nennen sie Dipeptid-Repeat-Proteine, kurz DPRs. Im Körper kommen sie normalerweise gar nicht vor. Sie sind also sehr ungewöhnlich“, erläutert Edbauer, der am Münchner Standort des DZNE eine Arbeitsgruppe leitet.
Übersetzungsfehler im Gehirn
Die Forscher konnten diese Proteine auf eine genetische Besonderheit zurückführen. „Auf der DNA dieser Patienten gibt es einen bestimmten Abschnitt, der sich hundert- oder sogar tausendfach wiederholt. Bei gesunden Personen kommt diese Sequenz weniger als 30-mal vor. Erstaunlich ist allerdings, dass daraus Proteine entstehen. Denn diese Wiederholungen liegen in einem Bereich des Erbguts, der eigentlich nicht in Proteine übersetzt wird“, so der Molekularbiologe.
Was diese Proteine genau bewirken, ist unklar. „Wir wissen sehr wenig über ihre Wirkung und Eigenschaften. Mit unserem Projekt betreten wir wissenschaftliches Neuland“, sagt Edbauer. „Es scheint, dass die DPRs für den Organismus völlig nutzlos sind und dass sie die Nervenzellen schädigen. Das möchten wir genauer untersuchen. Außerdem wollen wir herausfinden, wie diese Proteine hergestellt werden, weil gänzlich unklar ist, warum dieser besondere Genombereich überhaupt übersetzt wird.“
Zielgerichtete Therapie
Edbauers Team wird neben Gewebeproben von Patienten auch Zellkulturen und Mäuse mit gentechnisch verändertem Erbgut untersuchen, um neue Ansatzpunkte für eine Therapie zu finden. „Wir möchten Wirkstoffe testen, die die Herstellung dieser Proteine verhindern oder deren Verklumpung ausbremsen“, beschreibt er das Forschungsvorhaben.
Die Maßnahmen zur Behandlung von ALS und FTD, die derzeit verfügbar sind, können bestenfalls Symptome lindern. Bislang gäbe es keine Möglichkeit, den Krankheitsverlauf zu stoppen, erläutert Edbauer: „Die DPRs könnten ideale Angriffspunkte für eine spezifische Therapie sein, weil sie bei gesunden Menschen nicht vorkommen. Wenn wir gezielt gegen diese Proteine vorgehen, dann sollten wir damit keine lebenswichtigen Stoffwechselvorgänge durcheinander bringen. Das minimiert die Gefahr von Nebenwirkungen.“
Die Förderung durch das ERC sieht der Münchner Forscher als große Chance: „Ich hoffe, dass wir einen wichtigen Schritt in Richtung einer ursächlichen Therapie machen können, die diese verhängnisvollen Erkrankungen an der Wurzel packt.“ (DZNE/MyHandicap/pg)