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Bin Neu hier und habe MD1

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    Bin Neu hier und habe MD1

    Hallo,
    ich bin neu und mchte mir ersteinmal mit meiner Geschichte vorstellen.

    Bei mir wurde vor etwa 18 Jahren die Diagnose Myotonia Congenita Thomsen gestellt. Ich habe damals einen Neurologen aufgesucht weil ich Myotonien in den Händen und der Zunge hatte die mich nicht sonderlich beeinträchtigen aber doch störten. Neben einer normalen neurologischen Untersuchung wurde auch ein EMG gemacht bei dem die typischen „Sturzfluggerräusche“ zu hören waren.

    1991 kam es dann: Ich bekam in der 30 Schwangerschaftswoche (normal sind 40) einen Blasensprung. Glücklicherweise im Geburtsvorbereitungskurs, so dass eine Hebamme dabei war und wusste was zu tun sei. Ich bin dann mit Blaulicht und Tatütata ins Krankenhaus gekommen. Dort sofort in die Frauenklinik. Ich erwähnte die Myotonia Congenita Thomsen. Die Ärzte horchten auf… Später habe ich erfahren, dass eine kurze Zeit vorher ebenfalls eine Frau mit dieser Diagnose eingeliefert worden war, bei der es sich aber herausstellte, dass es Myotone Dystrophie Curschmann-Steinert (DM1) war.

    Ich lag 14 Tage mit Wehenhemmer, Täglichem Ultraschall und 3-mal täglichen CTG (Wehenschreiber) auf der Entbindungsstation. Durch die geringen Kindsbewegungen und der Geschichte der anderen Frau wurde vorgeschlagen eine Humangenetische Untersuchung zu machen. Dann kam Felix auf die Welt und wurde im Laufschritt aus dem Kreissaal gebracht. Es hatte MD1! Felix starb drei Tage nach der Geburt.

    Es stellte sich dann auch durch die Humangenetische Untersuchung heraus das ich eine Fehldiagnose bekommen habe: ich habe auch MD1 (mit 300 bis 400 Repeats).

    Ich bin seitdem in Kardiologischer und Augenärztlicher Beobachtung, alles in Ordnung.

    Ich habe eineinhalb Jahre später eine gesunde Tochter bekommen. Bei ihr haben wir in der 12 Woche eine Chorionzottenbiopsie gemacht. Wir haben 6 Wochen auf das Ergebnis warten müssen. Diese Zeit war die Hölle.

    Jetzt war ich nach 4 Jahren wieder beim Neurologen. Inzwischen hatten die ersten Dystrophien eingesetzt: im Unterschenkel, so dass das Gehen sehr schwer wurde, da ich mich beim Laufen nicht mehr mit dem Ballen abstoßen kann und nur noch von einem Fuß auf den anderen Fuß „falle“. Meinem Neurologen habe ich erzählt, dass es so nicht weiter gehen kann. Es muss etwas passieren. Er hat sich vorsichtig herangetastet und mir dann relativ deutlich gemacht, dass das nicht möglich ist. Das wusste ich natürlich schon vorher. Er hat mir klargemacht, dass ich ein schwere, unheilbare, langsam weiter voranschreitende Krankheit habe die durch nichts aufzuhalten ist. „Sie müssen begreifen, dass sie diese Krankheit haben. Dass kann sie viele Nächte mit nassgeweinten Kopfkissen bedeuten aber sie müssen es begreifen“ Das ist aber verdammt schwer.

    Ich habe vorher schon offen damit umgegangen und auch erzählt was diese Krankheit bedeutet, aber es war immer so, als ob ich über jemand anderes erzähle und nicht über mich. Jetzt habe ich die schwere Aufgabe zu begreifen dass ich krank bin. Und es fällt mir verdammt schwer.

    In zwei Wochen habe ich einen Temin in Darmstadt um alles noch einmal durchchecken zu lassen.

    Nur wie begreift man es wirklich, dass man MD1 hat?
    Nein: Wie begreife ich es wirklich, dass ich MD1 habe?

    Frauke
    Zuletzt geändert von Suppengrün; 17.03.2012, 18:37.

    #2
    Hallo Suppengrün,

    Herzlich willkommen im Forum. Ich wünsche Dir, dass Du hier Hilfe für Deine Aufgabe findest. Die Wahrscheinlichkeit ist ja relativ groß
    Ich hatte auch lange Zeit Schwierigkeiten die Krankheit anzunehmen. Jetzt betrachte ich sie als einen Teil von mir, ein Teil, dass ebenso zu mir gehört wie mein Humor zum Beispiel. Ich muss allerdings sagen, dass ich lange keine solche Belastung aushalten musste wie Du. Wer weiß wie mir es dann ergangen wäre?
    Liebe Grüße Boro

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      #3
      Hallo Suppengrün! Herzlich Willkommen im Forum. Das klingt ja furchtbar was Du durchmachen musstest!!! Es tut mir schrecklich leid! Hast Du die Diagnose Myotone Dystrophie Typ1? Du schreibst MD1. Ich glaube das Kürzel ist DM1. Oder hast Du ne ganz andere Diagnose? Darf ich Dich fragen, wie alt Du bist? Du hast ja auch schon sehr früh diese Symptomatik verspürt. Ich war damals so 25, als bei mir diese Myotonie in den Händen auftrat. Bin dann zum Arzt und keiner fand etwas. In beiden Schwangerschaften waren diese Beschwerden natürlich viel schlimmer. War das bei Dir auch so? Jetzt vor Kurzem habe ich dann meine Diagnose erhalten. Allerdings habe ich DM2. Zuerst wurde ich auch auf die Myotonia congenita Thomsen getestet. Diese fiel, ähnlich wie bei Dir, auch positiv aus. Allerdings hat meine Neurologe noch den anderen Test angefordert. Und siehe da, dieser war auch positiv. Also habe ich nun zwei Gendefekte. Wie auch immer. Haben sich Deine Beschwerden innerhalb der letzten Zeit so drastisch verändert? Oder hast Du schon länger diese Beschwerden beim Laufen? Liebe Grüße Herta

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        #4
        Hallo Herta,

        ich meine natürlich DM1. Ich were in einem Monat 41. Begonnen hat es eigentlich am Ende der Pubertät. Aktiv geworden bin ich auch erst so Anfang/Mitte 20. Die richige Diagnose bekam ich dann 2001, also vor etwas mehr als 10 Jahren, mit der Geburt von Felix.

        Bei seiner Schwangerschaf ist mir nichts aufgefallen, es war ja für mich alles ohne Grund zur Sorge. Mit Myotonia congenita Thomsen ist es ja nicht so dramatisch.

        Bei Anne war ich wesentlich hellhöriger. Da ich nach Felix Geburt auch noch eine tiefe Bein-Beckenthrombose bekam (wenn ich dass so schreibe hört es sich so an, als ob dass alles gar nicht möglich ist, aber es ist wirklich so) musste ich von Anfang an Thrombosestrümpfe tragen. Wenn ich länger gesessen habe, war ich beim Aufstehen ein wenig steif was sich nach ein paar Schritten wieder gab. Aus psychischen Gründen wurde die Geburt 10 Tage vor dem errechneten Termin eingeleitet und es ging total schnll: Mittags ins Krankenhaus, abends um halb 8 hielt ich meine gesunde Tochter im Arm

        Die Beschwerden mit dem Laufen sind mir so vor etwa 4 oder 5 Jahren aufgefallen. Ich kam beim Tanzen nicht mehr auf die Zehenspitzen (wenn ich auf einem Bein stand). Inzwischen kann ich es auch nicht mehr mit beiden. Und das Laufen wird immer anstrengender. Da es aber alles so schleichend kommt, ist es schwer zu sagen wann es genau war. Es gab dann immer mal Momente an denen miretwas auffiel. Aber jetzt war der Leidensdruck so groß, dass ich zum Arzt bin.
        Der kann mir zwar nicht hefen,aber ich hoffe,dass irgendetwas passiert.

        Auf jeden Fall bin ich ja jetzt hier und bin seit dem Wochenende Mitglied bei der DGM! Das ist ja schon eine Auseinandersetzung mit der Krankheit!

        Liebe Grüße
        Frauke

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          #5
          Hallo Frauke,

          wie begreift man eine Krankheit? Du fragst so, also hätte die voranschreitende Krankheit dich verunsichert. Nun scheinst Du dort, wo in Dir vormals ein Gefühl der körperlichen Selbstsicherheit lag, etwas anderes zu spüren, was zu begreifen sich erstmal verweigert.

          Wie konnte es dazu kommen? Du weist ja schon lange, dass Du eine Muskelkrankheit hast. Du schreibst in deinem ersten Schreiben gleich die Antwort dazu. Die Verschlechterung deiner Beinkraft und -beweglichkeit und die daraus erwachsene Verunsicherung, und darüber hinaus vermutlich die Angst aus der Vorstellung einer dich stark einschränkenden Gehbehinderung. "Es muss was passieren" ist deine Antwort und diese Antwort treibt dich vor Dir selbst her. Der Arzt sagt: Sie müssen das begreifen...
          Da taucht die Frage auf, die Du gestellt hast: Wie begreift man seine Erkrankung?

          Ich für mich glaube nicht, dass ich meine FSHD begreifen kann. Wie soll das gehen? Soll ich meinen Stoffwechsel begreifen, meinen Gendefekt? Dann begreife ich nur eins, nämlich das ich einen Mist habe, auf den ich keinen Einfluss ausüben kann. Also gut, ich habe begriffen, ich habe einen Mist. Hilft mir das? Eher nicht. Gerade die Erkrenntnis, dass der Mist unbeeinflussbar sich in und an mir vollzieht, ist grausam und schließt mich aus mir selbst aus. Das ist dann sozusagen Doppelmist: unbeeinflussbarer Ausschluss aus mir selbst.

          Wir als selbst erkrankte können unsere Erkrankung nicht selbst begreifen, das täte uns nicht gut. Wir können aber mit der Erkrankung leben. Dazu gehört leider zwingend der Umgang mit Verlusten und Veränderungen. Eine Dir aktuell drohende Veränderung ist deine Gehfähigkeit. Diese Veränderung scheint in Dir ein Gefühl der Verunsicherung hervorzurufen. Insofern stellt sich deine Frage nun in meinen Augen ganz anders und nicht mehr so allumfassend die ganze Krankheit anvisierend, nämlich:
          Wie kannst Du dein Gefühl bezüglich deiner Gehfähigkeit so gestalten, dass es Dir keine Verunsicherung bereitet? Was meinst Du?

          Liebe Frauke, selbstverständlich kann ich jetzt mit meiner Herleitung so richtig daneben gehauen haben. Verzeih mir das, wenn es so ist. Ich habe das jetzt nicht geschrieben, weil das alles so offensichtlich aus deinem Schreiben hervor geht. Tatsächlich habe ich mich an meine Situation erinnert gefühlt. Mir war meine Krankheit so lange egal, wie sie mich nicht zu irgendwelchen Hilfsmittel zwang. Nun stehe ich vor einem Rollstuhl. Ich muss deshalb nicht meine Krankheit begreifen, aber ich muss irgendwie einen Umgang mit dem "DING" finden, ich muss den Rollstuhl in mein Leben lassen. Und das macht mir seit Monaten gehörig Angst und schlechte Laune wie schlechte Gefühle. Ich finde es zum Kotzen. All dies darf und muss ich sagen dürfen. Vor mir, hier im Forum, vor meinen Freunden usw. Meine Gefühle zu meiner drohenden Gehbehinderung, das ist das Thema.

          Nicht, das ich jetzt meine, Du bräuchtest einen Rollstuhl. Aber eine voranschreitende Einschränkung der Gehfähigkeit reicht zu einer Verunsicherung vollkommen aus. Als ich mir vor Jahren meinen Gehstock zulegte, hatte ich monatelange Verunsicherung hinter mir. Wenn Du also deine Gefühle zu einer drohenden Einschränkung deiner Gehfähigkeit äußerst, kannst Du mit ihnen arbeiten, sie abmildern, ihnen etwas entgegensetzen, Dir selber verzeihen, dich mit Dir vertragen, dich selber wiederfinden. Das ist schon viel mehr, als verzweifelt in ein schwarzes Loch reinzurufen, wie man seine Erkrankung begreifen könnte.

          Ich wünsche Dir verständnisvolle Zuhörer und erfüllende Antworten.

          Liebe Grüße
          Guido

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            #6
            Hallo Guido

            Ich habe gerade gelesen, was du an Frauke geschrieben hast. Ich finde mich in deinem geschriebenen komplett wieder. Solange ich meine Einschränkung noch nicht so gespührt habe, habe ich mir auch keine Gedanken darüber gemacht. Erst als mein Neurologe nachgehakt hat und mich nach meiner Familiengeschichte gefragt hat,hab ich mir Gedanken gemacht. Und ab da kam auch die Verunsicherung. Ich hab dann das Gangbild meiner Mutter, meiner Tante und auch meiner Großmutter gesehen. Und das hat mich dann ganz schön verunsicher, vielleicht auch mal so krumm auszusehen und vielleicht auch nicht mehr gehen zu können.Du hast recht, die Hilfsmittel in Anspruch zu nehmen fällt ganz schön schwer. Mir wird ein Rollator angeraten. Aber in meinem Kopf ist immer noch diese blöde Sperre. Wie du schreibst, bekommst du einen Rollstuhl. Auf der einen Seite sehe ich die Erleichterung, und auf der Anderen Seite aber auch wieder die Einschränkung, die den Rollstuhl erforderlich macht. Ich kann nur den Hut ziehen wie du damit umgehst. Ich möchte mich hiermit bei dir bedanken, wie du mir mit deinen Beiträgen schon geholfen hast.

            Viele Grüsse Hanni

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              #7
              Hallo Guido,

              du hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich bin zutiefst verunsichert.
              Es war jedesmal ein Schock, wenn sich etwas verändert hat. Zuerst das nicht mehr auf den Zehenspitzen stehen können. Erst auf einem Bein dann auch nicht mehr mit beiden. Dann das nicht mehr „normal“ gehen. Ich habe immer gesagt, ich laufe „unrund“. Das fiel meiner Familie und Umgebung auf. Meine Tochter meint: „Mama, du hoppelst so wenn du gehst!“ Es wurde immer beschwerlicher längere Strecken zu gehen. Und damit kam die Angst. Was kann ich noch? Wie wird es sich bei mir entwickeln? Klar, das kann mir keiner sagen. Aber die Frage ist halt da.

              Ich weiß jetzt seit 10 Jahren (seit dem Tod meines Sohnes) welche Krankheit ich habe. Solange ich keine Probleme hatte, habe ich die Krankheit nicht wahrgenommen. Verdrängt? Aber jetzt ist es einfach so deutlich für mich. Hier im Haus habe ich keine Problem,e aber sobald ich raus gehe bemerke ich die Schwierigkeiten beim gehen. Und das ist eigentlich jedes Mal ein Schock.

              Seit ich vor eineinhalb Wochen beim Neurologen war, hat sich aber etwas getan bei mir. Die DM1 ist von der rationalen, äußeren Seite, der Frauke, die über die Krankheit sprach als wäre es nicht Frauke die krank ist, auf einer inneren, emotionalen Seite von mir angekommen. Meine Mutter, die durch Zufall bei uns gerade zu Besuch war meinte: "Du bist seit dem Termin erwachsener geworden" (ich bin fast 41!). Aber es stimmt irgendwie, Ich bin in der Krankheit erwachsen geworden.

              Und jetzt tut sich ja auch was: Nächsten Montag bin ich in Darmstadt im KH. Ich habe vor, einen Schwerbehinderten Ausweis zu beantragen und ich will versuchen eine Reha zu bekommen. Zwar kann ich die Krankheit nicht ändern (verbessern), aber ich werde aktiv und fühle mich nicht mehr ganz so ausgeliefert. Das gibt mir die Kraft dies Krankheit anzunehmen, mit ihr zu leben. Weg“laufen“ geht ja nicht (mehr);-)

              Viele Grüße und einen schönen Frühling wünscht
              Frauke

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                #8
                Hallo Frauke,
                einen Behindertenausweis solltest du unbedingt beantragen. Ich selber habe jetzt auch einen. Meine Diagnose ist DM2, bzw. PROMM. Ich weiß es seit 4 Jahren. Langsam merke ich, daß ich die Krankheit annehme. Mein Problem ist mein Umfeld, d.h. Nachbarn, Freunde usw. Da man mir die Krankheit auf den 1. Blick nicht ansieht werden meine Probleme auch nicht ernst genommen. Wenn ich keine Kraft mehr zum Laufen habe heißt es: stell dich nicht so an. Dazu kommt, daß keiner meine Krankheit kennt. Ich fühle mich oft schlapp und müde. Das ist eigentlich mein Hauptproblem und diese ständige Antriebslosigkeit. Meine Schwester ist auch betroffen. Da tut es dann schon gut wenn sie austauschen kann.
                Mit ist schon bewußt, daß es mir im Vergleich zu anderen noch sehr gut geht. Darüber bin ich dankbar und froh. Trotzdem wünschte ich mir manches Mal etwas mehr Verständnis.

                Gruß Rena

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                  #9
                  Hallo Frauke,

                  ich bin fast 50 und oft genug ein Kindskopf. Das ist in unserer Lage vielleicht auch fast schon normal. Gerade in den Phasen, wo die Schwäche meines Körpers mich an Grenzen führt, wo ein dauerhafter Verlust winkt, werde ich bockig, trotzig, unverschämt, heulerisch und uneinsichtig. Ein Kind eben, dass dann rumplärrt, wie gemein die Welt doch ist. Bis diese emotionale Verzerrung und Verhärtung aufweicht, dauert es eben eine Zeit und dann, plötzlich, ist man wieder erwachsen. Und nicht nur das, sondern man ist dann tatsächlich etwas gewachsen, irgendwie reifer. Scheinbar passt sich das Seelenleben dem Erleben der Erkrankung an: auf einem Level durchhalten bis zum Kollaps, dann plötzlich: ein neuer Mensch. Wenn das nicht zum Frühling passt.

                  Offensichtlich hast Du es für dich schon geschafft, Dir selber nicht mehr hinterherzurennen. Schön. Die Reha ist sicher eine gute Sache. Wenn Du eine beantragst, schreibe gleich dazu, wohin Du möchtest. Nicht, dass du in eine Klinik geschickt wirst, die zwar für den Kostenträger günstig ist, von Muskelerkrankungen aber keine Ahnung hat. Hier im Forum werden drei Kliniken favorisiert:
                  Hoher Meisner in Bad Sooden- Allendorf
                  Weserberglandklinik in Höxter
                  Schmieder- Klinik in Konstanz

                  Wenn Du noch arbeitest, ist für gewöhnlich dein Rententräger der Kostenträger. Das Verfahren dauert dann einige Monate. Echte Schnecken. Zu den ärztlichen Befunden ist dann eine Selbstauskunft nie verkehrt. Darin kannst Du die Erkrankung aus deiner Sicht beschreiben, also was Dir im haushalt zB schwer fällt oder schon nicht mehr geht. Und dann kannst Du darin auch schon sagen, dass es ein Reha- Ziel für dich ist, dich mit Gleicherkrankten zu trefen und auszutauschen. Dafür bietet Dir nämlich nur eine auf Muskelkrankheiten spezialisierte Klinik die Möglichkeit.

                  Ich wünsche Dir eine zügige Bewilligung.

                  Liebe Grüße
                  Guido

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                    #10
                    Hallo,
                    kennt ihr das auch? Im Augenblick geht es mir so gut (ich bin die letzten Tage auch nur kurze Strecken gelaufen und habe immer etwas getragen, so dass mir selbst nicht mein komisches Gehen auffiel), dass ich das Gefühl habe total zu übertreiben und hier fehl am Platz zu sein. "Es geht mir doch gut!"
                    Vielleicht ist es ja das, was der Arzt mit Begreifen meint? Es ist nicht so wie ich im Augenblick mich fühle, sondern ich bin Krank und darf das auch sein.
                    Morgen habe ich einen Termin im Darmstadt und bin gespannt, was dort mit mir "gemacht" wird. Mein Mann hat sich freigenommen und kommt mit.
                    Da ich ein "Kleinunternehmen" habe (wirklich ganz klein) wird wohl die Kankenkasse (bin Familienversichert) der Kostenträger sein. Mal sehen. Mutter-Kind-Kur war kein Problem, Haushaltshilfe bei meinem Fußbruch auch nicht (das alles in einem Kalenderjahr!) vor etwa 7 Jahren. Ich möchte am liebsten in die Hoher Meisner Klinik in Bad Sooden Allendorf. Das alles für mich durchzukämpfen ist genau die richtige Aufgabe für meinen Vater. Das hat er für meine Großmutter auch immer gemacht. Daher sehe ich der Bewilligung recht gelassen entgegen.
                    So, jetzt freue ich mich ersteinmal am Frühling der gewaltig in unseren Garten eingezogen ist... Und heute morgen ein Vogelkonzert das von keinen Flugzeugen gestört wurde (ich glaube wir haben Ostwind).
                    Viele Grüße
                    Frauke

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                      #11
                      Hallo Frauke,

                      es ist doch schön, dass es Dir gut geht. Nehme das Gefühl und genieße es. Als Erkrankte darfst Du: dich gut fühlen, dich schlecht fühlen, alles eben. Meine schönsten Augenblicke sind jeweils die, wo die Krankheit voll in den Hintergrund fällt und das Leben mir eine Möglichkeit bietet, die frei ist von dem Mist, der uns sonst täglich umtreibt. Und das ist auch schon die ganze Kunst des Krankseins: ohne die Krankheit zu Verdrängen das Leben so arrangieren, dass sie weitestmöglich in den Hintergrund fallen darf.

                      Das meine Erkrankung in den Hintergrund fallen darf (nicht soll), erreiche ich durch Absicherungen und Achtsamkeit. Das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit sorgt in mir dafür, dass das Kranksein in den Hintergrund fallen darf. Du warst in den letzten Tagen offenbar achtsam zu Dir, was Dir offenbar sehr gut getan hat. Die Frage ist also: wie kannst Du Dir diese Achtsamkeit mit Dir selbst so sichern, dass Du Dir sie oft erlaubst?

                      Indem Du Dir Achtsamkeit mit Dir selbst erlaubst, beginnst Du, die Krankheit von etwas, was dich aus einem Dunkel heraus bestimmt, zu dem zu machen, was Du in deinen Blick bekommst (nenne es begreifen). Wenn Du deine Krankheit im Blick hast, kannst du sie in den Hintergrund fallen lassen.

                      Etwas im Blick haben. Das heißt, ich trage es in mir, wie ich einen guten Freund oder eine gute Freundin in mir trage, auch wenn sie gerade nicht da sind. Und auch wenn sie mal vollkommen aus meinem Blick verschwinden, ich weder an sie denke, noch ein Gefühl zu ihnen habe, dann sind sie doch nicht weg, sondern nur in einem Hintergrund, aus dem ich sie jederzeit wieder in den Blick nehmen kann.

                      Gute Freunde sind immer da. Wir haben sie im Blick. Wir tragen sie in uns. Eine chronische Krankheit leider auch. Und es wird Zeiten geben, in denen sie sich so in den Vordergrund drängelt, dass alles nur Krankheit zu sein scheint. Und trotzdem finden wir immer wieder die Freiheit, dass es uns unverständlicherweise saugut geht.
                      Du bist krank und darfst das auch sein. Mit allen Konsequenzen, möchte ich hinzufügen, also auch mit der, dass es Dir gut geht.

                      Ebenfalls gut, dass dein Vater ein Behördenbeißbär ist und die Reha für dich in die Hand nimmt. Das schafft Erleichterung.

                      Schreibe uns, wenn Du magst, was in Darmstadt herausgekommen ist.

                      Gestern habe ich die ersten blühenden Kirschen gesehen. Recht früh, würde ich sagen. Aber meiner Freude tat das keinen Abbruch. Habe vor lauter Halsverrenken fast einen Unfall gebaut.

                      Liebe Grüße
                      Guido

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                        #12
                        Hallo Frauke,

                        habe mit gelesen. Schön das wir den Guido haben!
                        Hoffentlich erfähtst du bald Besserung.

                        Ich wünsche dir auch von Herzen alles Gute und viel Kraft für die Seele.

                        Lieben Gruss
                        Ingrid

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