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Im Moment nimmt mir die Angst die Luft!

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    Im Moment nimmt mir die Angst die Luft!

    Guten Abend alle zusammen!
    Ich weiß, ich habe gegen die Meisten hier (noch) nicht viel auszustehen, aber ich muß es trotzdem einfach mal loswerden! Ich habe einfach nur Angst vor meiner Zukunft!
    Seit den ersten Anzeichen (für mich), das die Muskeln schwinden, ist es grad mal ein Jahr her. Jetzt haben meine Oberarme bereits so wenig Muskelmasse, das ich diese nicht mal mehr richtig spannen kann. Ich hasse dieses Ratespiel und das man keine Ahnung hat, wogegen man kämpft. Vor allen Dingen, das man machen kann, was man will, es ändert nichts am Ergebnis!!!!
    Ich weiß, die Hoffnung stirbt zuletzt, aber ich habe keine Ahnung, was ich ohne meine Arme anstellen soll. Da fehlt mir echt die Phantasie. Ich weiß, viele hier schaffen das auch irgend wie, aber so weit bin ich noch nicht. Das ganze Leben ist doch auf Selbständigkeit aufgebaut. Ich war noch nie richtig gesund, konnte aber immer mit den (dagegen kleinen) Einschränkungen leben.
    Wo wird das Ganze hinführen??

    Sorry, aber wo anders kann ich das alles nicht loswerden. Einfach nur DANKE dafür.

    Fini

    #2
    Liebe Fini,

    ich kann dich sooo gut verstehen und dir leider deine ängste doch nicht nehmen. ich würde dir gerne helfen wenn ich irgendwie könnte, aber es bleibt nur das zuhören und mut zusprechen. nirgens steht geschrieben das es dir besser gehen muss als anderen... jeder kämpft mit eigenen ängsten, beschwerden und problemen und alle unterscheiden sich voneinander. was für den einen kein problem, ist für den nächsten unüberwindbar.
    lass dir gesagt sein, es wird nicht alles besser, aber hoffentlich doch eines tages leichter damit umzugehen.

    ich wünsche dir heute einen sonnigen tag und hoffe das du dich etwas besser fühlen wirst.

    Lg

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      #3
      Hallo Fini

      Erst mal wenn auch spät, Ein herzliches Willkommen.

      Deine Ängste kann hier(glaube ich) jeder verstehen. Vor allem dieses Ratespiel bei den vielen Muskelerkrankungen die es gibt. Zuerst wird man von vielen Ärzten nicht ernst genommen, und wenn man dann einen gefunden hat, der das tut, geht die Sucherei los. Es kann oft Jahre dauern bis die richtige Diagnose steht. Aber bitte nicht verzweifeln! Warst du schon mal bei einem Neurologen? Ich glaub das wäre die erste Option. Und dann dran bleiben.Bekommst du Physiotherapie? Auch wenn noch keine Diagnose gestellt wurde kann Physio..hilfreich sein. Keinen besseren Rat weiß ich im Moment leider auch nicht.

      Gruß Hanni

      Kommentar


        #4
        Hallo Fini,

        ich glaube nicht, dass Dir die Selbständigkeit so umfassend abhanden kommen wird, wie es Dir die Angst im Augenblick einreden möchte.

        Der Begriff "Selbständigkeit" hat es natürlich in sich. Du schreibst ja selbst, das ganze Leben ist darauf aufgebaut. Und vielleicht meinst Du mit Selbständigkeit auch etwas ganz bestimmtes, nämlich dass Du dein Leben meisterst durch dein eigenes Handeln. Arme und Hände sind dafür scheinbar unersetzliche Werkzeuge.
        Das kennen wir hier natürlich alle irgendwie, der eine mehr, der andere weniger. Jeder Muskelkranke wird von der tatsächlichen Schwäche seiner Arme und Hände, seines Körpers insgesamt, an diesem zentralen Punkt getroffen: Verlust der Selbständigkeit. Das macht in jeder Zukunftsperspektive natürlich Angst.

        Deine Angst entwickelt sich also aus einem realen Geschehen heraus. Daran kann niemand vorbeidenken. Und da wir alle in unsere Zukunft schauen müssen, setzt sich das aus unseren Befürchtungen entwickelte Horrorszenarium ganz leicht vor unsere Augen und läuft wie ein böser Film immer wieder vor uns ab. Auch ich sehe mich ab und zu hilflos in irgendeiner Szene, zu Hause, in meinem Lieblingscafé, auf der Autobahn, und die Welt geht unter.

        Das entscheidende Element, wo wir ansetzen können, uns wieder auf unsere Fähigkeiten besinnen zu können, uns wieder selbstwirksam zu ermächtigen, unser Leben wieder in den Griff zu bekommen, ist die Diskrepanz zwischen dem Zeitpunkt der Angst und dem Zeitpunkt des Angstinhaltes:
        Die Angst ist immer jetzt, aktuell, im Erleben gegenwärtig.
        Der Angstinhalt beschäftigt sich mit der Zukunft und holt eine schlimme Befürchtung für unsere Zunkunft über Vorstellungen und das Einfühlen in diese Vorstellungen in unsere Gegenwart.
        Du schreibst es selbst, Du hast Angst vor deiner Zukunft. Das geht nur, wenn Du jetzt fühlst, was noch lange nicht Wirklichkeit geworden ist.

        Die Diskrepanz zwischen aktuellem Angsterleben und zukünftigen Angstinhalt gestattet mir, mich jederzeit aus diesem bösen Film ausklinken zu können. Das nimmt mir nicht die Angst, aber ich weiß, im Augenblick ist es nicht so, wie es die Angst mir eintrichtern möchte. Und diese Fähigkeit, aus dem Film aussteigen zu können, gestattet mir, mich zu fragen, wie ich dem Zunkunftsentwurf aus Befürchtungen vielleicht entgegentreten könnte. Was müsste ich machen, damit sich genau diese Befürchtung nicht in meiner Zukunft einlöst?

        Das fängt häufig nicht mit einer generellen Lösung an, sondern mit verflixt kleinen Details auf allen Ebenen unseres aktuellen Lebens. Das fängt oft damit an, dass man sich etwas Gutes tut, sich um sich sorgt, ein kleines aktuelles Vorhaben gut erledigt und sich dafür belohnt. Dann geht es auf einer anderen Seite darum, sich bezüglich der Befürchtungen kundig zu machen. In deinem Fall, was es für Ausgleichsmöglichkeiten gäbe(!), die deine Selbständigkeit in der Zukunft sichern könnten. Rein vorsorglich, sozusagen planend, nicht in einem hektischen Aktionismus schon sofort umsetzend.
        Aber die Kernerarbeit ist natürlich die am Begriff der Selbständigkeit. Was bedeutet das für mich, was meint das überhaupt, wie kann ich den Begriff für mich so modifizieren, dass er nicht mehr das sehr strickte "Alles-nur-aus-mir-selbst-heraus" beinhaltet. Wenn ich zB deligiere, wenn durch meine Anweisung jemand anderes das macht, was ich sonst gemacht hätte, ist das auch Selbständigkeit, oder nicht mehr? Was meinst Du?

        Krankheit hat in unseren Fällen mit Verlust zu tun. Also auch mit Befürchtungen und Angst, sowohl vor dem aktuellen Geschehen, als auch vor dem zukünftigen Geschehen. Da fallen wir alle immer wieder mal rein, in diese Löcher. Es gibt davor keinen wirklichen Schutz, weil die Krankheiten, die wir haben, solche sind, die uns unsere Zukunft immer wieder aus der Perspektive einer Befürchtung oder Angst vermitteln. Aber wir können darauf reagieren, in dem wir den Modus des Blickens auf uns ändern können. Wir können dem Modus der Befürchtung immer den Modus der Sorge um uns selbst entgegenstellen. Das schafft die Angst nicht ab, ermöglicht uns aber den Freiraum zu erarbeiten, in dem wir dann doch wieder zuversichtlich die Zukunft angehen können. Die Angst vermittelt uns ein korkretes Thema, in deinem Fall nenne ich das jetzt mal Greifen- Können. Nun wäre zu überlegen, wie man seine Zukunft diesbezüglich so planen könnte, dass die Befürchtung (Verlust der Selbständigkeit) nicht wahr wird.

        So denke ich mir das zumindest. Das klingt nun auch alles ein bisschen technisch, mit dem Modus und so. Es ist auch eine Technik. Manchmal hilft Technik ja tatsächlich. Aber sie hilft natürlich nicht dort, wo es um die seelische Verarbeitung eines Verlustes geht. Da helfen wieder andere Fähigkeiten und Vermögen, die wir haben. Trauer zum Beispiel. Natürlich ist ein Verlust, der Verlust des Greifen- Könnens zB, auch wenn er sich über Jahre (Jahrzehnte) hinziehen mag, nicht etwas, was sich rein technisch ausgleichen ließe. Ich denke, auch das nimmst Du gerade wahr. Dir ist die Bedeutung des Greifen- Könnens ganz klar vor die Augen getreten. Diese Bedeutung des Greifen- Könnens für unser aktuelles Leben fragt nicht nach Zeit und Zukunft, sondern spricht uns jetzt an. Und da erfahren wir die Bitterkeit des Krankseins. Wenn ich heute mein Greifen- Können als schlechter erlebe, wie noch vor Kurzem, dann habe ich leider nicht mehr die Wahl, in einen anderen Modus zu schalten. Wenn die Schwäche durch Therapie und gutem Willen in kurzer Zeit nicht wieder besser wird, dann erlebe ich aktuell einen Verlust meiner Fähigkeit Greifen- Können. Das Gefühl dazu ist aber nicht Angst, sondern eher eine Ohnmacht. Aus der Ohnmacht mag sich wiederum Angst ergeben, wenn ich zB den jetzt gefühlten Verlust in die Zukunft denke.

        Wie gehen wir also mit unserer Ohnmacht um? Natürlich, auch hier hilft die Technik der Blickverschiebung, wir können über die Sorge um uns selbst aus der Ohmacht herausfinden. Aber das mindert nicht den tatsächlichen Verlust, das tatsächliche voranschreiten auf der Skala des Krankseins. Und ich habe da auch keine schönen Worte. Ich kenne nur die Trauer um meine Verluste, die mich meine Ohnmacht irgendwann vergessen lässt. Trauern um die eigenen Verluste ist für mich sehr wichtig, ansonsten würde ich wohl schon lange an meinen Verlusten gescheitert sein. Aber vielleicht kennt ja jemand noch einen anderen Weg. Ich für mich sage mir: Trauern ja, Verzweiflung nein. Trauern um meine Verluste und die Blickverschiebung helfen mir, auch meine Zukunft wieder so sehen zu können, dass ich Lust auf sie bekomme.

        Alles das braucht seine Zeit. Und Zeit ist manchmal das, was quälend lang wird, was in seiner Langatmigkeit einem die Luft raubt, weil Hoffnungen nicht eingelöst werden und Ergebnisse sich verweigern. Gerade hierbei brauchst Du einen langen Atem. Ich wünsche Dir die beste Luft dafür.

        Liebe Grüße
        Guido

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          #5
          Ihr seid Helden!

          Guten Abend liebe Trine40, Hanni und natürlich Guido!

          Ich muß mich bedanken, ich habe eure Sorgen gelesen und ihr seid trotzdem (oder deshalb) die Menschen, die einem vermitteln, das man nicht allein ist mit diesen Ängsten und Problemen und für andere da ist. Und sogar versucht Mut zu machen.
          Normal heißt es immer "...alles wird gut!", aber das gilt nicht so wirklich in unseren Fällen, aber man kann vielleicht ein "...mach das Beste draus" machen. Was ist das Beste?? Nein, ich hab tatsächlich außer der Angst noch keine Ahnung, was meine Zukunft wirklich bringt und ich kann auch nicht vorsorgen, das würde ja bedeuten, ich wüßte, was mich erwartet... Es ist ein Teufelskreis. Ich werde nicht nur Angst haben, sondern auch normal weiter machen, bis es nicht mehr geht. So habe ich für Ende nächsten Monat einen Urlaub gebucht und hoffe sehnlichst, das ich diesen noch "anfassen" kann! In solchen Momenten fällt einem sogar das Wörtchen "normal" auf, wahnsinn! Was das Elend aber schon mal geschafft hat, ich sehne mich nach Alltag und Nebensächlichkeiten. Einfach mal Lebensmittel einkaufen, eine Unterschrift leisten, oder diese Nachricht mit 10 Fingern schreiben. Wer, wenn nicht wir, denkt an solche banalen Dinge! Sie fallen jetzt auf und man merkt, was man den ganze Tag so erledigt, mal dahin gehen, schnell was schreiben, kurz mit dem Auto was besorgen. Irre, darüber denkt doch keiner nach, oder?
          Ich gehe davon aus, das ich noch häufig in ein Loch fallen werde und keinen Ausweg sehe, aber meistens werde ich noch Alltag haben! Erst wenn es so weit ist, das nix mehr geht, werde ich entscheiden, wie es weiter geht. Das Problem ist nur, morgen ist bereits Zukunft...
          Ich weiß, da durch muß jeder selbst, aber es ist sehr sehr schön auch Zuspruch zu bekommen! Danke nochmal, das tut sehr gut.
          Bisher wissen es nicht mal meine Eltern, nur mein Mann. Er hält zu mir, aber auch er hat keine Ahnung, was dann wird.
          Es ist surreal! Geht euch das nicht auch so?! Was mir überhaupt nicht in den Kopf geht ist, das man Sport machen kann, sich gesund ernährt und was weiß ich noch und trotzdem darf man zusehen, wie die Muskeln einfach weniger werden. Und das im Zeitalter von Mondflügen...

          Jetzt hab ich euch ganz schön zugetextet, oh, oh...

          Ich danke euch noch mal und hoffe, wenn ihr ein Tief habt, das ich auch Worte finde, die wenigstens etwas die Verzweiflung nehmen!

          Gute Nacht an alle!!

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