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Nichtinvasiv oder invasiv? Vor- und Nachteile

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    Nichtinvasiv oder invasiv? Vor- und Nachteile

    Hallo zusammen,

    ich bin Martin, 49 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Söhne (10 u. 7) und meine Diagnose lautet ALS. Diese Diagnose erhielt ich erstmals ca. 4 Jahre nach Auftreten erster Beschwerden. Aber auch noch weitere 2 Jahre später waren sich die Neurologen bei mir nicht einig.

    Wen’s interessiert: Hier habe ich - „martin“ - meinen „Werdegang“ bis März 15 beschrieben, als die Diagnose noch eine ganz andere war http://www.polyneuropathie-forum.de/...hp?f=54&t=6049

    Heute bin ich Frührentner. Mit meinen Beinen + Füßen kann ich nichts mehr anfangen. In den Armen habe ich fast keine (rechts) bzw. noch wenig (links) Restkraft. Bin komplett auf Hilfe angewiesen: Körperpflege, Nahrungsaufnahme, Notdurft, ankleiden, in und aus dem Bett, drehen im Bett etc. Der Pflegedienst kommt morgens, den Rest übernehmen meine Frau und meine Schwester. Was das für eine Herkulesaufgabe vor allem für meine Frau ist, können sich nur Menschen in einer ähnlichen Lage vorstellen.

    Was noch geht:
    • Schlucken. Ich kann die mir zugereichte Nahrung selbst „verarbeiten“. Muss nur konzentriert sein dabei.
    • PC bedienen mit Einarm-Schreibsystem und zwei Händen an der Maus. Für Texte wie diesen brauche ich ewig…..
    • Den Tag kann ich im Rollstuhl verbringen, muss nicht liegen.
    • Immerhin, ich habe keinerlei Schmerzen.


    Zu meinem Thema.
    Seit Juli 15 bin ich nichtinvasiv beatmet. Anfänglich ca. 12 Stunden täglich, inzwischen ca. 20 – 22 Stunden. Ohne Beatmung geht im Rollstuhl sitzend noch, wird je nach Tagesverfassung nach 10 – 60 Minuten aber furchtbar anstrengend.
    Ich nutze das ResMed Astral 150, mit dem sich mein „Pflegepersonal“ inzwischen auch recht gut auskennt. Das Gerät kann wohl auch für invasive Beatmung verwendet werden.

    Das Sprechen: Geht mit Maske grad so, nur versteht man mich fast nicht. Ohne Maske hört man mein Sprechen fast nicht. Kommunikation so: Ganz schwierig.

    Probleme macht mir die Luft im Bauch/Magen/Darm. Sab bzw. Lefax lindern ein wenig, jedoch kann ich Luft nur ablassen, wenn ich im Bett in Seitlage gedreht liege. Wenn das auch nicht geht, kommen Darmrohre zum Einsatz.

    Besonderen Schutz genießt meine Nase, nicht zuletzt weil ich auch regelmäßiger Nutzer eines Caugh Assists zum Abhusten von Schleim bin. Hatte das bisher auch einigermaßen im Griff, so dass meine Nase auch mit einer Mund-Nase-Maske halbwegs heil blieb.ToiToiToi. Zwischendurch trage ich aber auch schon mal eine Vollgesichtsmaske, um die Nase zu entlasten.

    Die Drücke der Beatmung werden über Blutgasanalyse in der Uniklinik regelmäßig kontrolliert, sie sind seit 2 Jahren konstant.

    Bei der letzten Kontrolluntersuchung in der Uniklinik hat man die invasive Beatmung angesprochen. Hab mich bisher noch ganz wenig damit beschäftigt, komme da aber nicht drum herum wie ich befürchte.
    Jetzt komme ich ins Schleudern, was soll ich tun? Bei allen Nachteilen des Status Quo (Luft im Bauch, ständig die Maske im Gesicht), es funktioniert halbwegs, ist eingespielt.
    Andererseits wäre es auch ein deutlicher Gewinn an Lebensqualität ohne diese Nachteile.

    Nur, was wären dann die neuen Nachteile: Geht sprechen bei invasiver Beatmung dann gar nicht mehr?
    Könnte ich weiter selbst essen oder ginge das nicht mehr?
    Wie hoch würde der Pflegeaufwand werden im Vergleich zu heute? Sehr viel mehr als jetzt?
    Gibt’s noch andere gravierende Änderungen, positiver wie negativer Art, die ich noch gar nicht bedacht habe?

    Würde mich freuen, von den Erfahrungen anderer Betroffener in dieser Thematik zu lesen, Erfahrungen jeder Art, die mir bei meiner Entscheidungsfindung evtl. helfen.

    Danke und viele Grüße
    Martin

    #2
    Hallo Martin,
    wir sehen zu, so lange wie möglich die Nichtinvasive Beatmung zu nutzen. Aber im Bett eine Fullface (Mund-Nase) oder die Vollgesichtsmaske (diese geht auch über die Augen) abwechselnd zur Dekubitusvermeidung. Im Rolli tagsüber die Nasenlochmasken (Swift-FX oder Dreamview etc.).
    Für Nasenlochmasken muss der Druck etwas geringer sein. Bei deiner Astral 150 kann man mehrere Einstellungen speichern. Wir nutzen dazu 2 Maschinen mit je einer eigenen Einstellung.

    Die Sache mit Luft im Bauch gab es bei meinem Mann anfänglich auch und nun kaum noch - wenn dann erledigt sich dies beim 2x tägl. Toilettengang auch ohne Notdurft.
    Er ist seit 2012 NIV beatmet (aber mein Mann isst seit 2013 nicht und schluckt i.P. keinen Speichel - d.h. schluckt dann eben keine Luft zusätzlich).

    Tracheostoma: Unser guter Bekannter (er ist Mitte 30) hat sich Mitte 2017 von der Uniklinik Jena nun "überzeugen" lassen, dass ein Tracheostoma für ihn angebracht wäre.
    Wir wundern uns darüber, denn er war noch etwas besser in der Atemsituation als mein Mann.

    Dieser gute Bekannte und seine ihn ursprünglich versorgende Mutter, sind nun größtenteils gar nicht von ihrer Entscheidung zur invasiven Beatmung überzeugt. Besonders die Pflegende. Die Beatmung über Tracheostoma ist nach längerfristigen Problemen nun leidig gut eingestellt - sicher auch nicht mit gelegentlicher Luft im Magen/Darm. Das Tracheostoma macht ihm selbst anfänglich viele Probleme (falsche Länge, Entzündungen im OP-Gebiet, MRSA-Keim)
    Die Pflege ist für die Mutter nunmehr zu schwierig geworden. So liegt nun der Sohn in einer (leider nicht gut pflegenden) Intensiv-Pflege-WG 150 km von seinem Zuhause entfernt. Leider findet diese Familie auch nicht genug Pflegekräfte (ausgebildete KS oder AP), die ihn zuhause versorgen können und die Mutter bei der Pflege entlasten könnten.

    Es ist natürlich so, dass sich andere damit gut versorgt fühlen. Es kommt auf die Gesamtumstände an.

    Sprechen ist meist schnell nicht mehr möglich - da meist schnell die Muskelkraft dafür nicht mehr ausreicht - mit Tracheostoma benötigt man noch mehr Kraft zum Sprechen.
    Verschiedene Modelle versprechen das Sprechen können - meist gilt das für Menschen mit z.B. COPD (die haben keine Muskelschwäche).
    Mit dem Essen ist es auch so - das Ding stört schon etwas und erschwert das Schlucken. Und es ist immer Aufwand nötig vorher und nach dem Essen.
    Nur manche COPD-Leute können bei der Beatmung gleichzeitig schlucken.

    Der Pflegeaufwand bei INVASIV ist definitiv viel höher als bei NIV-Beatmung - SCHON ALLEINE DIE ABSOLUT NOTWENDIGE HYGIENE-VORSCHRIFTEN. Alles muss STERIL durchgeführt werden. Die heimischen Pfleger (Familie) benötigt gute Schulung. Es benötigt einige Mengen an steril verpacktem z.B. Handschuhen, Absaugschläuchen - alles jeweils nur 1 x zu verwenden. Dadurch reichlich Müll (was aber nicht so wichtig ist).
    Falls Intensivpflegedienst zum Einsatz kommt, sollten diese auch eine entsprechende ausreichende Fortbildung haben.
    Lungenentzündungen sollen - laut Auskünfte eines versierten Krankenhausarztes - tatsächlich mit invasiver Beatmung häufiger vorkommen als bei NIV, da alle alle möglichen Keime leichter und direkter in die Lungen vordringen als bei NIV (hier gibt es noch den Mund und die Nase als Keimtöter oder -Abschwächung).
    Die Lungenentzündungen bei NIV kommen vorrangig durch Verschlucktes (und auch wenn kein Hustenassist angewendet wird - dadurch wird Lungen bis ins Tiefste durchlüftet).

    Etc., etc.
    Ich kenne hier im Forum aktuell nur 3 weitere mit invasiver Beatmung - alle weiteren von denen es bekannt war, sind leider nicht mehr hier.
    Blaurackes Frau z.B. (aber die ist schon volles Lockin). Eine Frau (alleinstehend) und einen Mann (dieser geht selbst nicht in das Forum, sondern seine Freundin)
    Zuletzt geändert von Skyline; 30.11.2017, 10:28.

    Kommentar


      #3
      Zitat von MartinS Beitrag anzeigen
      ...
      1. Nur, was wären dann die neuen Nachteile: Geht sprechen bei invasiver Beatmung dann gar nicht mehr?
      2. Könnte ich weiter selbst essen oder ginge das nicht mehr?
      3. Wie hoch würde der Pflegeaufwand werden im Vergleich zu heute? Sehr viel mehr als jetzt?
      4. Gibt’s noch andere gravierende Änderungen, positiver wie negativer Art, die ich noch gar nicht bedacht habe?
      ...
      Martin
      Hallo Martin,
      sehr gut, was Skyline schildert; ich stimme ihr zu.
      Meine Bemerkungen:
      1. Sprechen soll mit einer Sprechkanüle funktionieren, wenn der eigentliche Sprechapparat noch intakt ist. Ich schreibe "soll", weil wir damit keine Erfahrung haben.
      2. Schlucken funktioniert trotz Tracheostoma, solange der Schluckreflex noch vorhanden ist: Wir machen mit meiner Frau jeden Tag Schlucktraining als Nachmittags-Ritual mit Kaffee und Kuchen. Ernährung ist so schon lange nicht mehr möglich; die geht über die Magensonde.
      3. Invasive Beatmung bedeutet Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch qualifizierte Intensivpflegekräfte.
      4. Mir fallen nur Vorteile ein: Die Gefahr einer Lungenentzündung könnte zwar (wie Skyline schreibt) wegen des kürzeren Atemtrakts erhöht sein, was m.E. aber mehr als ausgeglichen wird durch die Unmöglichkeit, sich eine Aspirationspneumonie durch Verschlucken zuzuziehen.
      Weitere Vorteile: keine Druckstellen von der Maske mehr / einfacheres Sekretabsaugen direkt aus der Trachea statt über den Umweg durch
      Mund und Rachen / weniger "Angeglotzt" werden in der Öffentlichkeit durch die Möglichkeit, das Tracheostoma mit Halstuch etc. zu kaschieren.
      Fazit: Für meine Frau war das Tracheostoma eine Erlösung!

      Noch eine Bemerkung zu Deinem "Werdegang": Dir wäre manche Odyssee erspart geblieben, wenn Du früher nach Erlangen gekommen wärst. Dort wurde meine Frau (nach zwei Falschdiagnosen durch niedergelassene Neurologen) in kürzester Zeit richtig diagnostiziert. Kann ich nur empfehlen!

      Alles Gute!
      Zuletzt geändert von Blauracke; 28.11.2017, 18:46.

      Kommentar


        #4
        Hi Martin mit Familie!

        "Dekubitus":
        Mein Männe hatte schon geraume Zeit keinen Dekubitus wegen Atemmasken. Besonders empfehlen wir die Nasenloch-Masken. Wie ich schon mehrfach beschrieb, sind diese i.P. CPAP-Masken (wenn du mehr darüber wissen möchtest: frage, oder suche meine oder andere Beiträge). Wir nutzen aber diese bei der Bipap-Beatmung (mit kleiner Modifikation).
        Bipap-Therapiemodus wird eingestellt bei Beatmungsgeräten, wenn keinerlei muskulärer "Eigenantrieb" bei Atmung vorhanden ist. D.h. es pumpt immer in einem voreingestellten Rhytmuns und Art und Stärke (mal salopp ausgedrückt).

        "Angeglotzt":
        Das ist meinem Mann - nach anfänglichem Unbehagen - ziemlich egal! Wir sind in unserer kleinen Stadt, an bestimmten Örtlichkeiten, wie z.B. am Freizeit-See, vielen Leuten bekannt und es gucken nur die "Neulinge". Aber es hilft auch der Akzeptanz anderer uns gegenüber. Wir werden doch wie ein "rohes Ei" von anderen angenommen. Kinder fragen: "Mama, Papa - was hat der Mann denn da? Guck mal!" Oder die Kinder fragen direkt: "Hallo Du, was hast du denn?" Das erheitert uns und eigentlich freuen wir uns über diese Kinder sehr!

        "Neurologe und Diagnose":
        Bei uns hat ein einfacher niedergelassener Neurolge in Bayreuth schon gleich, nach dem ersten Besuch eine passende Diagnose gestellt. Das war der erste Besuch bei einem Neurologen!

        "Schluckreflex":
        Unser guter Bekannter (s.o.) kann nicht essen, er sollte besser nicht versuchen zu schlucken.
        Mein Mann isst auch nicht mehr - seit Frühjar 2013.
        Blaurackes Frau macht ?Schlucktraining? - finde ich sehr, sehr interessant. Sie hat "volles Locked-In" aber dennoch? Verstehe ich gar nicht!
        Mein Mann kann schon lange nicht mehr selbst schlucken. Nicht seinen Speichel und nichts. Wegen des Nicht-Schlucken-Könnes müssen wir so oft absaugen.
        Aber es ist kommt auch viel weniger Atemluft in den Verdauungstrackt (er hat einen "Gastrotube").
        "Gastrotube": Wir empfehlen, früh wie möglich und wie gewollt sich eine Magensonde - welcher Art und Weise - sich legen zu lassen. Ist wirklich nicht schlimm und gar nicht dramatisch, aber es kann viel helfen. Lese meine Beiträge dazu, wenn du möchtest.

        Absaugen:
        Ob es einfacher ist direkt aus der Trachea abzusaugen, sei "dahingestellt". Für uns ist es einfacher aus Mund und oberen Rachenraum. Wir müssen nicht so "1 x steril" arbeiten.
        Martin, frage dazu meinen Mann selbst - er ist nicht "locked-in" sondern sehr aktiv - besonders im Intellekt!

        Pflegekräfte:
        Es ist heute schwieriger einen Pflegedienst zu finden, welcher mit ausreichend "ausgebildeten" Pflegekräften den Betroffenen im eigenen Zuhause versorgt. Viele Pflegedienste eröffnen "Intensiv-Pflege-Wohngemeinschaften" für solche Patienten z.B. CoPD oder Wachkoma - gerne genommen sind diese, da pflegeleichter).
        Die sagen dann meist zu den anfragenden Familien: "Ja, wir können sie versorgen, zur Zeit aber haben wir keine Pflegekräfte für ein ausreichendes Team, aber wir können ihnen bis dahin ein Zimmer in unserer "Intensiv-Pflege-Wohngemeinschaft" anbieten, so lange, bis wir das Pflegekräfte-Team für Sie gefunden haben. Wir suchen diese Pflegekräfte über unsere eigene Homepage. Das wird schon!!
        Ist der Patient einmal in der Intensivpflege-Wohngemeinschaft, dann kommt er nur noch schwer wieder nach Hause. Denn die Pflegedienste denken meist gar nicht daran, ein Pflegekräfte-Team für zuhause zu suchen, sondern haben ständig irgendwelche Ausreden, warum es auch in diesem Monat wieder nicht klappt, das "Team" zusammenzustellen
        (warum: so verdienen diese Intensivpflegedienste mehr Geld pro Monat, da auch noch hohe Mieteinahmen mind. 500,-- für 15qm ohne Sanitär/TV/Internet im Zimmer und andere Kosten wie z.B. Shampoo/Reinigung für 50,-- Euro/Monat etc. etc. , haben weniger Ausgaben, da weniger Personal eingesetzt wird 1 KS für 3-4 Patienten am Tag und 5-9 Patienten in der Nacht usw. usw. usw.).
        Wir haben - trotz unserer eigenen Einsichten - eine aussagekräftige "Vorlage": Unser guter Bekannter.

        Und:
        Je mehr Verstand und Wissen man für die Versorgung seiner eigenen Erkrankung hat, je mehr kann man feststellen, dass "examinierte Pflegekräfte" nicht unbedingt bedeutet, dass diese gute Arbeit leisten können oder geeigneten Verstand haben, ausführliche Ausbildung haben oder willens sind sich wirklich einzusetzen (Hinweis: "Toll" sind die Raucher, die vergessen das Beatmungsgerät an den Strom anzuschließen und in der Nachtschicht dann zum Rauchen nach außen gehen - so weit entfernt sich aufhalten, dass sie den Alarm der Beatmungsmaschine nach 7 Stunden ohne Strom nicht hören, mit einer Qualmwolke um den Kopf irgendwann wieder rein kommen, wärend die Ehefrau aus dem OG aufgewacht durch den Alarm ins EG stürmt und das Stromkabel an die Beatmungsmaschine steckt, die Pflegekraft sich bis heute nicht entschuldigt hat sondern ganz "frei" weiterhin zum Rauchen mehrmals in der Nacht und am Tag vor das Haus geht, während der Inhaber des Intensivpflegedienstes - selbst Raucher - meint: Ja die Pflegekräfte müssen auch mal Pause machen. Und die Krankenkasse TK dazu meint: Ja, wir, die betroffenen Versicherten (also mein Mann und ich) könnten mit dem Pflegedienst "nochmal" sprechen. Da sagen wir: HaHaHa!!).
        Je höher dein Verstand ist, je mehr lassen sich die Defizite feststellen.
        "Pflegedienste": Je mehr Aktivität ihr selbst habt, je mehr ihr euch selbst mit Verstand einbringt, desto mehr könnt ihr feststellen, dass diese Pflegedienste "kritisch" betrachtet werden müssen. Die sind häufig übel im Gebahren gegenüber so erkrankten Menschen wie ALS-Betroffenen.

        Wir sind schon "Fortgeschrittene", haben einiges an Einsicht, haben sehr hohes Engagement, aber jede betroffene Person ist anders "gepolt".
        Entscheiden musst Du selbst!

        Hey Martin - sage deine Meinung hierzu.
        Zuletzt geändert von Skyline; 29.11.2017, 20:24.

        Kommentar


          #5
          Hallo Martin,

          hier unser Erfahrungsbericht zur invasiven Beatmung:

          Mein Mann bekam Anfang 2007 die Diagnose ALS, 2009 die Pflegestufe 2, Ab 2012 bekam er nach langem Kampf mit der Krankenkasse die Pflegestufe 3mit Härtefall zuerkannt, was es mir ermöglichte , zu meiner Entlastung einen ambulanten Pflegedienst für Morgentoilette und für ins Bett bringen zu organisieren und zusätzlich jeweils vormittags für den Toilettengang. Damit war das Budget von knapp 2000 € pro Monat leider ausgereizt. Den Rest der Pflege musste ich selber leisten incl. nachts bis zu fünfmal Hilfestellung geben und das neben den Zeit und vor allem Nerven kostenden Kämpfen mit der Krankenkasse um jedes noch so kleine Hilfdsmittel (mein Mann ist privat versichert) .

          Im Frühjahr 2013 bekam mein Mann vom Arzt eine nichtinvasive Beatmung für 6-8 Stunden nachts verordnet. Im RKU Ulm wurde die Maske angepasst. Ich war mit ihm zusammen im Krankenhaus und sollte ihn an die Maske gewöhnen, was ich aber nur eine halbe Stunde pro Tag schaffte. Zuhause wurde das nicht besser, zumal die Krankenkasse sich weigerte, die vom Arzt verordnete nächtliche Beatmungspflege ausreichend zu bezahlen und der von mir gefundene Intensivpflegedienst nicht den Dienst aufnehmen konnte . Länger als eine halbe Stunde hat mein Mann die Maske am Tag nicht toleriert, nachts habe ich es ohne Pflegedfienst erst recht nicht geschafft. Nach eineinhalb Monaten wurde mein Mann dann notfallmäßig wegen Atemnot ins RKU eingeliefert, gerade noch rechtzeitig. Beim ins-Bett bringen wurde er bewusstlos ("Kohlenstoffnarkose"), musste intubiert werden und bekam dann auch eine PEG gelegt. Eigentlich sollte er bereits nach einer Woche nach Hause entlassen werden. Weil er aber im Krankenhaus eine Lungenentzündung bekam und zudem das Tracheostoma einriss und sich entzündete, wurden drei Wochen daraus.
          Trotzdem war diese Notfallsituation für uns beide der absolute "Glücksfall", denn seit der Entlassung aus dem Krankenhaus hat mein Mann nun eine 24-Stunden-Intensiv-Beatmungspflege durch einen hochprofessionellen Intensivpflegedienst- gerade noch rechtzeitig, denn länger hätte ich die Rund-um-die Uhr-Versorgung trotz Haushaltshilfe nicht mehr geschafft.
          Auch für meinen Mann war die neue Situation eine Erlösung. Er bekam erstmals wieder ausreichend Luft, die künstliche Beatmung strengt ihn nach eigenem Bekunden überhaupt nicht an. Das Absaugen durch die Kanüle ist problemlos und für ihn auch in keiner Weise belastend, zumal er für diese kurze Zeit auch noch spontan selber atmen kann.

          Was das Sprechen anlangt:Weil bei der invasiven Beatmung natürlich keine Luft mehr an den Stimmbändern vorbeistreicht, muss man entweder zum Sprechen die Kanüle etwas entblocken (was für meinen Mann zu anstrengend war) oder zum Sprechen die geschlossene Kanüle durch eine ersetzen, die an der Biegung ein kleines Loch hat. Durch dieses künstliche Leck kommt dann sowohl beim Einatmen als auich beim Ausatmen etwas Luft über die Stimmbänder und so kann mein Mann dann sprechen. Diese Sprachkanüle sollte dann aber nicht ewig verwendet werden, weil sie das Atmen wegen des Lecks auf Dauer anstrengend macht und auch bisweilen Parasekret erzeugt ( wenifgstens bei meinem Mann). Zuerst konnte mein Mann keine Sprachkanüle bekommen, weil zuvor das Tracheostoma ganz geheilt sein musste. Es bedurfte danach einiger Versuche, bis die richtige, für ihn passende Sprachkanüle gefunden war. Mit der kann er nun ohne Anstrengung sprechen. Mittlerweile soll er das aber nur noch eine eine Stunde täglich tun. Dabei strengt ihn nicht das Sprechen selber an, sondern das gewollte Leck an der Biegung der Kanüle, über das ein Teil der Luft in Richtung Stimmbänder entweicht, wodurch er mehr Luft ziehen muss, als ohne das gewollte Leck.

          Was die Nahrungsaufnahme mit Tracheostoma anlangt, hat eine eigens durchgeführte Untersuchung des Schluckvorganges ergeben, dass nichts dagegen spricht, dass mein Mann normal isst, solange die Konsistenz der Nahrung so wie Joghurt ist. Schließlich schluckt mein Mann ja auch - wei wir alle- seinen Speichel ohne Probleme. Mein Mann hatte allerdings schon vor dem Legen der PEG erhebliche Probleme mit der Nahrungsaufnahme, sie war für ihn zunehmernd anstrengend geworden, sodass er ganz froh war, nicht mehr selber essen zu müssen und von der Möglichkeit dazu auch keinen Gebrauch mehr gemacht hat.

          Mit der invasiven Beatmung ist auch eine excellente tägliche Lungenpflege durch unseren Beatmungsdienst verbunden: Mein Mann bekommt während der Nacht mit der Luft auch Feuchte zugeführt. Am Tag muss er fünfmal über die Zuluft inhalieren, damit das Sekret nicht zu zäh wird. Er wird morgens und abends mit dem Hustenassistenten bearbeitet, bei Bedarf auch untertags, wenn sich beim Absaugen der Schleim nicht ausreichend löst. Zudem werden die Lungenflügel morgens und abends zur Schleimlockerung mit einem Vibrationsgerät bearbeitet. Nachts erhält er mehrmals eine Mikrolagerung, nicht nur zur Vermeidung von Dekubitus (hatte er bisher noch nie), sondern vor allem auch, dass beide Lungenflügel in gleicher Weise belüftet werden. Ich schildere das so ausführlich, weil wir erfahren mussten, was passiert, wenn diese Lungenpflege aus Zeitmangel nicht stattfinden kann. Das war vor zwei Jahren der Fall. Da musste mein Mann wegen einer Urosepsis fünf Tage ins Krankenhaus. Da wurde er halt nur an das Beatmungsgerät angeschlossen und bei Bedarf abgesaugt. Unser Intensivpflegedienst hatte nach der Entlassung zwei Wochen unter Zuhilfenahme von Sauerstoffgaben alle Hände voll damit zu tun, die Lunge wieder hinzubekommen, d.h., die Atelektasen (Verklebungen) auf einem Lungenflügel wieder zu lösen.
          Viel Wert legt der Pflegedienst auch auf die Überwachung einer ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme (ca 2,5l pro Tag zusätzlich zur Nahrung über die PEG), damit die Lunge immer ausreichend Feuchtigkeit von innen bekommt.

          Wie wichtig ein professioneller Beatmungsdienst ist, haben wir erst in den wenigen Notfallsituationen gemerkt, bei denen mein Mann plötzlich einen Abfall der Sauerstoffkonzentration erlitt. Einmal sank der Gehalt beddrohlich schnell bis unter 50%, bevor die Pflegekraft ihn unter Einsatz aller gelernten Maßnahmen wieder hoch bekam.

          Kurz zusammengefasst: Für meinen Mann (und auch für mich) konnte nichts besseres passieren, als die Versorgung mit einer invasiven Beatmung. Ich glaube nicht, dass mein Mann heute noch leben würde, wenn er nur eine Maskenbeatmung hätte. Dass er seine Lebensqualität trotz der schweren Krankheit als gut empfindet, liegt natürlich sicher auch an der Güte unseres Pflegedienstes. Wenn ich so die Berichte darüber im Forum lese, muss ich sagen, dass wir hier großes Glück gehabt haben.

          Ich wünsche Dir eine gute Entscheidung!

          Kommentar


            #6
            Wir kennen nur ALS-Betroffene, welche nicht mehr sprechen können mit Tracheostoma. Unter Nasenloch-Maske war es vorher wenigstens etwas - mehr oder minder verständlich.
            Es kommt auf den Verlauf der ALS an.
            Hat jemand doch noch Spontanatmung und trotzdem Tracheostoma, so fällt es der Person sicher einfacher den Muskeldruck zum Sprechen aufzubauen.
            Wenn jemand vor Tracheostoma noch sicherer schlucken konnte - gleich welche Konsistenz - so wird es auch nach Legung von Tracheostoma eher weiterhin funktionieren.

            Die Anlage eines Tracheostoma bringt erstmal eine Schwächung des Körpers mit sich. Wie sich die Person davon erholt ist ja auch unterschiedlich.
            Generell ist es eine Sache des persönlichen ALS-Verlaufs.

            Auf die Anpassung einer Atemmaske muss man sich "einlassen" d.h. sich nicht "wehren" und es ist auch immer eine Sache der Einstellung des Beatmungsgerätes wie einfach die Anpassung an Maskenbeatmung funktioniert - bei Margits Ehemann war wohl beides nicht optimal. Dann wird es schwierig sein für den Betroffenen.
            Aber bei dir Martin hat es ja bisher geklappt.

            Margits Ehemann hat einen anderen ALS-Verlauf, als die Leute, die wir kennen.
            Eine wenig Spontanatmung ist noch vorhanden u. Schlucken könnte er auch noch "jogurtweiches". Und dies alles bei Diagnose 2007.

            Und dann ist es auch noch eine Sache, ob sich die Krankenkassen sträuben bei Maskenbeatmung ausreichend einen Intensivpflegedienst zu zahlen - obwohl sie es tun müssten.

            Kommentar


              #7
              Vor der Frage stehe ich jetzt auch. Ich kann noch Schlucken, aber nicht mehr Sprechen. Arme und Beine gehen noch leidlich.

              Meine Überlegung ist es, die Umstellung auf invasiv zu machen, bevor ich völlig hilflos bin. Die höheren Hygieneanforderungen hören sich aber kompliziert an. Ich komme eigentlich gut klar mit der Maske.

              Wie ich hier so herauslese, kann man wohl keine allgemeingültigen Tips geben.

              Liebe Grüße,
              Ralf

              Kommentar


                #8
                Hast du Intensivpflegedienst mit genügend qualifizierten Pflegekräften?

                Kommentar


                  #9
                  Gute Frage. Das fangen wir jetzt bald an. Bevor sich das Team nicht eingespielt hat, braucht man über die Umstellung wohl gar nicht nachzudenken.

                  Kommentar


                    #10
                    Ich habe über die Zeit viel über Maskenbeatmung gelesen und geredet. Der Atemtherapeut in Ulm war nicht der größte Freund von invasiver Beatmung. Höheres Risiko für Infektionen und es hilft auch nicht unbedingt gegen Luftnot. Ist halt ein anderer Eingang. Non-invasiv ist super, wenn man keine Brille hat und keine Probleme mit Druckstellen bekommt (zum Beispiel durch Wechseln verschiedener Masken). Hatte die letzten Monate gelernt, dass viele sich ein Loch in den Hals schneiden lassen, damit sie endlich wieder das Gesicht frei haben, das macht ja zum Beispiel Rasieren einfacher. Ist schon eine krasse Entscheidung die es zu treffen gilt und ein wichtiges Pflegeteam und Angehörige die an Bord sind, würde ich hoch einschätzen.

                    Kommentar


                      #11
                      Hi Blixa, wegen der Brille: Ich habe eine Maske über Nase und Mund, die nach oben hin mit einem Steg vom Anfang der Nase bis zur Stirn geht. Dahinter passt meine Brille.
                      Grüße

                      Kommentar


                        #12
                        https://www.philips.de/healthcare/ko...ear/uebersicht

                        einfach mal ansehen... Sichtfeld, Auflage, Babbeln, Knutschi, Gluckgluck, Weizenbier topp!
                        Ich trage die fast den ganzen Tag. Man wird auch anders wahrgenommen!

                        wennes

                        Kommentar


                          #13
                          Vielen Dank für alle Antworten.
                          Vor 2 Jahren hatte ich noch Probleme, mich tiefer ins Thema ALS einzuarbeiten, zog mich das doch mehr runter als es mir half. Der Eingangspost war ein weiterer Versuch, dem entgegenzusteuern. Aber es ging mir ähnlich, deshalb war von mir nichts mehr zu lesen.
                          Heute sieht's etwas anders aus und ich gehe viel offensiver um mit meiner ALS.
                          Hab einen Blog https://leben-trotz-als.blogspot.com/

                          Zum Thema zurück
                          Bis heute bin ich nicht-invasiv beatmet.
                          Nächste Woche wird sich das ändern, es geht nicht mehr anders.
                          Die Gründe:
                          ...wer merkt dann, dass beim Transfer meine Zehen eingeklemmt sind? ...wie wissen die Jungs dann, dass "Meine Stunde" an der PS4 vorbei i...


                          In 9 Tagen ist es soweit, das Zimmer inklusive Zustellbett in der Uniklinik Freiburg, Station Brehmer ist reserviert. In 10 Tagen werde i...


                          Viele Grüße
                          Martin

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