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Es ist so schwer. Wie schafft ihr das?

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    Es ist so schwer. Wie schafft ihr das?

    Hallo,

    ich heiße Manuela bin 40 Jahre alt und Pflege aktuell meine Mutter.
    Ich versuche mich kurz zu halten.
    Meine Mutter, 59 Jahre alt, verwitwet (mein Vater starb als ich 10 war an Krebs) und seit dem mehr oder weniger allein stehend, hatte ihre ersten Symptome im Herbst 2017. Etliche Untersuchungen folgten. Im Januar 2018 gaben die Ärzte die Diagnose ALS bekannt und damit brach für uns alle die Welt zusammen. Meine Mutter lebte im UG, mein Bruder mit seiner Familie (Frau und 2 kleine Kinder) im EG+1OG. Bis zum Sommer waren kaum große Veränderungen merkbar. Doch leider ging es dann rapide Bergab. Im Oktober war sie wegen legens einer PEG im Krankenhaus. Dort entwickelte sich eine Lungenentzündung und sie war ingesamt 6 Wochen im Krankenhaus. Ich war jeden Tag dort, zumindest für eine Stunde. Mein Bruder so oft es eben ging mit Familie.
    Anfang November ging es wieder nach Hause. inzwischen war das Zimmer + Bad eingerichtet mit speziellem Rollstuhl, Bett, und Dusche. Mein Bruder und ich übernahmen die Pflege für 3 Wochen. Dann muß irgendwas passiert sein und mein Bruder meinte, er kann es nicht mehr. Ich vermute seine Frau hat gesagt es reicht, da mal die ein oder anderen Sprüche von ihr kamen. Ist aber nur eine Vermutung. Jedenfalls - lange Rede - Sie ist seit mitte Dezember nun bei mir. Ich wohne im EG, habe eine große ebenerdige Dusche und eine 3 Zimmerwohnung. Sie lebt nun im Wohnzimmer. Dort hat sie ihr Bett, Sofa, Fernseher.

    Morgens hebe ich sie mit dem Lifter aus dem Bett und setze sie in den Rollstuhl. Da sie nicht mehr sprechen kann hat sie ein Eyepad. Sie tut sich aber schwer damit. Ich muß sie komplett festschnallen da sie keinerlei Körperteile mehr bewegen kann - außer den Augen. Es geht dann ins Badezimmer usw das bekomm ich alles hin. 9 Uhr kommt das erste Pflegeteam welches mir beim eincremen und anziehen behilflich ist. Ich füttere über die PEG. Ich benutze den Hustencomputer zum absaugen. Abends läuft die Beatmungsmaschine ca 45 Minuten bis sie eingeschlafen ist, dann nehm ich die Maske ab. Nachts geht es noch ohne. Die Pfleger kommen auch um 12, 15 und 18 Uhr. Jeweils für ca 25 Minuten.

    Mit meinem Arbeitgeber habe ich 100% Home office vereinbart. Bekomme aber nicht mehr 40 sondern nur 35 Stunden bezahlt. Ehrlich gesagt sitze ich auch nicht die 35 Stunden da und arbeite. Ich schaff es einfach nicht. Ich freue mich den ganzen Tag auf 0:20 dann schläft sie endlich. Dann habe ich 1-2 Stunden Zeit für mich. Bis dann um 7:30 Uhr alles wieder los geht. Es macht mich so fertig ich kann nicht mehr und dieses Elend. Ganz viele Freunde kommen vorbei, wollen sie besuchen, erzählen von alten Zeiten und jedes mal fängt sie an zu weinen. Letztens kam jemand vorbei und war schwer erkältet ich wollte ihn nicht rein lassen aber sie hat so geweint und mich angefleht ihn für 5 Minuten rein zu lassen. Ich bin total am Ende. Weihnachten und Silvester war der horror. Meine größte Angst ist inzwischen nicht mehr, dass sie stirbt, sondern dass sie nicht stirbt. So furchtbar das auch klingen mag. Die letzten 2 Monate hat sich an dem Zustand nichts geändert. Sie ist konstant. 2 mal die Woche kommt eine Krankenschwester, 1 mal die Woche ein Arzt. Im Oktober hatte er uns gesagt, mehr als 2 Wochen gebe er ihr nicht mehr. Inzwischen sagt er, es sähe gut aus. Die Atmung würde ja funktionieren und wenn nicht könnte man mit Beatmungsgerät noch bis zu 2 Jahre rausholen. 2 Jahre - Ich kann nicht mehr.

    Wie schafft ihr das?

    #2
    Liebe Manuela,

    ich kann mir sehr gut vorstellen, dass du keine Kraft mehr hast. Hast du mal überlegt mehr Unterstützung vom Pflegedienst anzufordern? Deine Mama hat doch einen Pflegegrad und bekommt dadurch auch monatlich zusätzlich 125€ Entlastungsleistungen, damit könnte beispielsweise der Pflegedienst zusätzlich kommen und sich um sie kümmern oder dich im Haushalt entlasten. Du könntest sie aber auch regelmäßig in die Tagespflege geben. Dort wäre sie auch mal in anderer Gesellschaft und du hast Zeit für dich oder eben für deinen Job.
    Oder du denkst mal darüber nach eine 24 Stunden Pflege zu organisieren. https://www.brinkmann-pflegevermittl...tunden-pflege/
    Google einfach mal nach 24 Stunden Pflege. ...
    Liebe Grüße
    Sandra

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      #3
      Hallo Manuela,
      wie man das schafft, wenn man keine Pflegekraft hat bzw. ungenügend (sei es "Ambulante Tourpflege" oder die "Häusliche Intensivpflege)?
      Dann, wenn wenig bis keine Familien- oder Freundeshilfe vorhanden ist?

      Im Laufe der Zeit gibt es immer mehr zu tun mit einem Betroffenen. Der Pflegende muss sich "einlernen" in die spezifische Pflegehilfe. Und der Pflegende muss wissen, ob er wirklich pflegen will.

      Aber auch wenn man es wirklich "WILL", so muss man feststellen, dass es ziemlich schwer werden wird, je weniger weitere Helfer / Hilfe vorhanden ist.
      Man kann - ohne oder mit wenig anderen Hilfspersonen - keinen eigenen Beruf mehr ausüben!

      Manuela,

      - entweder Sie suchen sich schnellstens einen Intensivpflegedienst (Sie sollten aber schon die Zeit der Beatmung in der Nacht "ausdehnen" damit so wenig wie möglich Probleme mit der Krankenkasse entstehen).
      Der Arzt muss natürlich fachkundig sein und eine Verordnung über Intensivpflege über mindest 12 Stunden pro Tag ausstellen. Der Arzt muss wissen, dass bei der ALS die Atmung plötzlich nicht mehr ausreichend arbeitet wegen Muskelschwund und dies kann auch innerhalb von wenigen Tagen sein. Dazu empfiehlt sich natürlich die Konsultation einer ALS-Ambulanz.

      - oder Ihre Mutter kommt in eine Intensivpflege-Wohngemeinschaft. Wichtig dafür ist, dass der Arzt 24 Stunden pro Tag verordnet. Wenn er weniger verordnet, so muss man für die nicht verordnete Zeit aus eigener Tasche zuzahlen, was natürlich sehr teuer kommen kann. Auch hierfür eine ALS-Ambulanz wegen Verordnung konsultieren.

      - eine sogenannte 24 Stunden Pflege ist meist sehr teuer für den Monat. Es werden dann fast immer Menschen aus dem EU-Ausland vermittelt, welche keine (oder fast keine) Krankenpflege-Kenntnisse haben. Es sind Leute, die als "Altenbetreuer" arbeiten (aber schon kaum für geistig verwirrte einsetzbar sind). Für ALS-Leute sind diese Menschen ohne "Aufsicht" kaum zu gebrauchen.
      Diese "24-Stunden-PflegerInnen" hätte ich nie mit meinem Mann alleine lassen können - ich möchte nicht, dass meinem Mann wegen "externer" Fehler oder Nichtkönnens etwas zustößt!!!
      Wir hatten eine solche Pflegerin aber nur für wenige Wochen.

      Ich pflege seit 2010/2011. Mein Mann hat die Diagnose "bulbäre ALS" 12/2009 erhalten. Seit 5 Jahren mit 24 Stunden Beatmung. Seit Ende 2013 mit Hilfe von (immer zu wenigen und zu schlecht vorbereiteten / ausgebildeten) "IntensivpflegerInnen" mittlerweile des 3. Intensivpflegedienstes.

      Wie man es schafft? :
      - Sehr viel arbeiten!
      - Kein eigenes Leben mehr haben!
      - Das Leben mit Pflege und immer mit dem ALS Betroffenen (bzw. zu dritt mit Pflegerin) als das eigene betrachten!

      Aber: Mein Ehemann ist für mich so WICHTIG und BESONDERS, dass ich mich sehr anstrenge. Auch wenn immer öfter mein "Geduldsfaden" reißt und meine körperliche und seelische Kraft nachlässt.
      Zuletzt geändert von Skyline; 05.01.2019, 20:49.

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        #4
        PS: Für eine ärztliche Verordnung für Intensivpflege es ist nicht nötig ein Tracheostoma zu haben, es genügt eine Maskenbeatmung. Im Prinzip genügt auch die akut drohende Gefahr für mangelhafte Atmung aufgrund der Grunderkrankung ohne eine bereits verordnete Maskenbeatmung!!

        Die "ambulante Tourenpflege" z.b. von Diakonie, AWO, oder Privatfirmen ( für Grundpflege, oder z.B. Medikamenten und Essenverabreichen etc.) ist nur zu Beginn der ALS etwas Hilfe.

        Die ausreichende Finanzierung aller Pflegeleistungen- egal welcher Art - muss man gut verstehen, dazu z.B. alle findbaren Infos im Internet lesen und Pflegeberatungsstellen der Stadt (soweit vorhanden) konsultieren.

        Mein Ehemann konnte z.B. keine Tagespflege besuchen. Dort sind sie auf ALS nicht eingestellt. Vor allem dann, wenn bereits Schluckprobleme, Sonde, Atemprobleme, fortgeschrittene Lähmungen etc. vorliegen.
        Wir bekamen Absagen von allen Einrichtungen die ich anrief.

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          #5
          Guten Morgen und vielen Dank für eure Antworten,

          die letzten 3 Tage waren sehr hart. Sie hustet Abends so viel, dass wir im Schnitt 1,5 Stunden gebraucht haben bis alles ok war und sie endlich eingeschlafen ist. Das mit der externen Pflege ist so eine Sache für sich. Sie will auf gar keinen Fall in ein Heim oder ähnliches, oder anders gesagt, sie will auf jeden Fall zu Hause bleiben. Irgendwie kann ich das verstehen. Die Pflegekräfte die aktuell in der Woche 4 mal am Tag kommen sind total nett und so, aber sie sind oftmals nicht pünktlich. Heißt 30-40 Minuten zu spät und solange kann sie oft nicht warten und dann muß ich es doch machen und wenn die Pflegekräfte kommen, ist es bereits erledigt. Daher habe ich ihnen für Sonntag auch komplett abgesagt. Sonntag mach ich dann eben alles alleine.
          Problem ist auch, dass wir so viel Besuch bekommen. Also mindestens 2 Freunde von ihr oder manchmal von mir, pro Tag. Auf einmal steht jemand vor der Tür. Gerne auch mal mit einer Erkältung. Diese Leute schicke ich dann wieder nach Hause. Einer blieb letztens 15 Minuten bei ihr, während ich schnell zum Aldi gelaufen bin. Als ich wieder kam, saß er da und war am rauchen. Meine Mutter war starke Raucherin und hat auch bis zuletzt geraucht und hatte es ihm wohl erlaubt. Ich bin aus allen Wolken gefallen.

          Ich verstehe, Skyline ich werde mit dem Arzt sprechen und dann schauen wir mal wie wir das machen können. Ich könnte besonders morgens und Abends mehr Hilfe gebrauchen. Tagsüber ist es machbar, aktuell jedenfalls. Das ganze aber noch über mehrere Jahre, niemals. Aber das hat nichts damit zu tun, dass meine Mutter mir nicht wichtig ist.

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            #6
            Zitat von Manuela78 Beitrag anzeigen
            Aber das hat nichts damit zu tun, dass meine Mutter mir nicht wichtig ist.
            Natürlich nicht.
            Vollzeitpflegeteams bestehen oft aus fünf Leuten oder mehr.
            Das hat schon seinen Grund. Einer alleine kann das gar nicht bewältigen.

            Das mit dem Besuch ist ja eigentlich eine schöne Sache. Da würde ich nicht intervenieren.

            LG

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              #7
              Hallo Manuela,

              du klingst erschöpft und das ist auch verständlich. Die Krankheit wird aber weiter voranschreiten, euch keine Pause gönnen und so bspw auch nachts Aufmerksamkeit einfordern. Das schaffst du alleine und mit dem ambulanten Pflegedienst nicht. Ganz wichtig: hol dir Hilfe und binde auch deinen Bruder, nach Möglichkeit, ein.

              Skyline hat alles relevante genannt...
              - Intensivpflegedienst über Behandlungspflege verordnen lassen oder/und
              - 24h Pflege / die "polnische Perle"
              (schau mal hier https://www.test.de/shop/gesundheit-...gefall-sp0472/ und https://www.test.de/Pflege-Betreuung...ler-5170957-0/)

              Und um zu schauen ob euch irgendwelche Hilfsmittel weiter helfen können kann ein Blick hierhin https://www.dgm-forum.org/forumdispl...ttel-Linkliste nicht schaden.

              Auch euch wünsche ich viel Kraft für das was vor euch liegt.
              Liebe Grüße, nautilus

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