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Unbekannte Myopathier V. a. Muskeldystrophie

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    Unbekannte Myopathier V. a. Muskeldystrophie

    Hallo Ihr Lieben!

    Nachdem ich nunmehr lange Zeit damit beschäftigt war, alles irgendwie runter zu schlucken und zu verdrängen, wende ich mich (mit wenig Hoffnung) an Euch.

    Vor über 10 Jahren wurden bei einer Routine-Untersuchung phänomenale CK-Werte entdeckt (zu der Zeit glaube ich lagen sie etwa bei 600). Also los gings mit Suchen und Abteilungen abklappern in verschiedenen Krankenhäusern. Man vermutete zunächst eine Lebererkrankung. Also wurde diese in mehreren Aufenthalten in Krankenhäusern untersucht (inkl. 2 Leberpunktionen).

    Nach ein paar Jahren jedoch, war man sich sicher, dass es doch die Muskeln sein müssten. Also auf in die Uni-Klinik und ab durch die Abteilungen. Rheuma, Neurologie... Alles super liebe nette Ärzte!! Mit viel Verständnis und zu Beginn auch immer viel Begeisterung. Doch gefunden.. hat niemand was (2 Muskelbiopsien).

    Lediglich der CK-Wert blieb ausgesprochen hoch (zwischenzeitlich bei 2000).

    Auch die allgemeine körperliche Befindlichkeit nahm ab. Mir fällt es heute schwer Treppen zu steigen, in die Knie zu gehen, vom Boden hoch zu kommen... Halt das übliche.

    Im letzten Herbst hat dann ein Arzt festgestellt, dass mein CO-2 Ausstoß nicht so toll ist. ;-) Er meint, es läge vielleicht eventuell an der Muskulatur der Lunge (liegt das eigentlich an mir, dass Ärzte immer versuchen um eine einfache klare Antwort drum rum zu kommen?). Nundenn, also ab in die Klinik und ein Beatmungsgerät abholen für nachts. Damit die Muskulatur auch nachts schlafen kann.

    Dort traf ich dann auf eine weniger qualitative Ärztin (Sorry! Aber ihr werdet mich gleich verstehen). Denn diese sah sich einmal kurz meine Krankenakte an, entdeckte das "V.a. Muskeldystrophie" und war fertig mit einer Beurteilung meiner Krankengeschichte. Im Gegensatz zu hohen (und sehr freundlichen) Oberärzten aus Muskel-Abteilungen in Uni-Klinik, war ihr nämlich sofort klar, dass ich ja also wirklich langsam mich mit meiner Situation abzufinden habe, und dass ich auch meinen Angehörigen mal langsam die Chance geben müsste sich von mir zu verabschieden... SUPER!!! War ein frohes Weihnachtsfest!

    Natürlich waren sowohl mein (super) Hausarzt, als auch mein Lungenfacharzt entsetzt als ich wieder zurück kam. Mit meiner leichten Depression, die ich gleich mal mitbrachte.

    Seither versuche ich mich so weit wie möglich von Ärzten fern zu halten. Denn ich will und kann es nicht mehr hören und nicht mehr sehen!!!

    Der Gedanke ans Sterben und den qualvollen Tod, wenn die Muskeln tatsächlich mal versagen sollten ist mal mehr und mal weniger stark. Die Psychotherapie hilft ein wenig.

    Ich habe vor 2 Jahren auch wieder Monate geritten, da ging es mir körperlich und geistig um einiges besser.. JAHAAA werdet ihr jetzt sagen, dann geh doch wieder reiten... Würd ich!! Würd ich wirklich gerne. Aber alles hält mich fest und zieht mich runter. Bekomme mich überhaupt nicht motiviert. Und schleppe ich mich doch zu irgendwas (hab es auch schon mit reiten versucht) so wachsen die Paniken und Todesszenarien in meinem Kopf.

    Gibt es denn deutschlandweit nicht noch jemanden, der das Gleiche erlebt wie ich? Oder Ärzte, die vielleicht noch irgendwo eine Idee haben, wass ich haben könnte?? (Muskeldystrophie Typ Becker und Duchenne wurden bei den Muskelbiopsien ausgeschlossen).

    Ich soll zum Arzt. Das sagen alle. Doch zu welchem??? Und wo höre ich nach wochenlangem hin und her nicht wieder ein.. "Tja Frau Cassidy, also so richtig wissen wirs nicht, aber vermutlich werden sie daran sterben!"

    Vermutet nicht das Falsche nach dem Lesen des Textes. Mir geht es eigentlich ganz gut. Ich arbeite im Ausland. Mache viele Stunden und ackere wie ein Tier. An den Wochenenden versuche ich Familie und Freunde unter einen Hut zu bringen... Aber doch bleibt da dieses ungute Gefühl des Unwissens.

    Wie fühlt es sich an, wenn man nicht im Hinterkopf hat, dass man vielleicht nicht mehr so viele Jahre zu leben hat. Wenn man unbedacht daran geht. Und sich vorstellt, wo man wohl in 10 Jahren sein könnte...

    Gruß
    Cassidy

    #2
    Hallo Cassidy
    Begrüße dich ganz herzlich in diesem Forum. Lass den Kopf nicht hängen. Wurde bei dir schon mal ein Gentest gemacht. Bei uns wurde nur das Blut untersucht und die Diagnose stand fest. Eine Biopsie haben wir nicht gemacht. Es ist aber nicht immer nachweisbar. Ich bin Überträgerin der Muskeldystrophie Becker und sollte als Frau keine Einschränkungen haben. Aber ich gehöre wohl zu den seltenen Fällen, bei denen sich die Dystrophie auch bemerkbar macht. Du solltest keine Panik schieben. Du wirst dich vielleicht in deinem Leben immer mal wieder einschränken oder umstellen müssen, aber es heißt ja nicht, dass dein Leben ruckzuck zu Ende ist. Du kannst ja trotzdem das Rentenalter erreichen. Es gibt ja auch viele Menschen, die plötzlich andere Erkrankungen bekommen und gar keine Lebenszeit mehr haben. Genieße dein Leben und mach das Beste draus.
    Viele Grüße von Mary

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      #3
      Hallo Mary!

      Vielen lieben Dank für deine lieben Worte! ;-)

      Ja, einen Gen-Test haben sie bei mir auch machen lassen. Aber da kam auch nicht wirklich was bei rum.

      Ich "muss" mich schon arg einschränken. Aber ich glaube das ist zum großen Teil auch einfach die Psyche. Wenn du dir immer wieder Angst macht mit "siehste, siehste, das kannste auch nicht mehr" dann kannste das auch eben nicht mehr. Nicht weil der Körper nicht will, sondern weil du dich selber demotivierst.

      Ich arbeite und kämpfe mich zu meinem Optimismus zurück. Und wie bereits gesagt, bis auf einige depressive Schübe, klappt es auch irgendwie. Aber es ist schon schwer. Vor allem, weil man nicht krank ist. Klingt jetzt doof, aber...

      Ich habe früher immer gesagt, wenn es eine tödliche Krankheit ist, will ich es lieber gar nicht erst wissen, weil mann dann nix tun kann und den Rest seines Lebens stirbt. Aber so... mache ich es wohl noch viel mehr.

      Aber es ist auch schwierig. Dir stehen keine Hilfen zu, wie zum Beispiel Krankengymnastik. Ich will nicht undankbar klingen, denn ich nehme den Hut vor meiner Krankenkasse. Ich habe noch NIE Probleme gehabt, was Bezahlungen oder ähnliches angeht... Aber man ist halt nicht krank. In meinem Leben wissen nur die engsten Vertrauten / Familie davon. Meine Arbeitskollegen wissen nichts davon. Fragen wie "du gehst irgendwie komisch die Treppen hoch" werden weggelächelt und ein Sprüchlein dabei. Aber das schmerzt auch. Weil man eigentlich ausschreien möchte, was man schon alles überstanden und durchgemacht hat.... aber ich habe Angst das jemand falsche Schlüsse daraus ziehen könnte und ich im schlimmsten Falle meinen Job verlieren könnte (jahaa ich und meine Ängste!! :-D). Außerdem will ich kein Mitleid. Weil es nicht hilft...

      Gruß
      Cassidy

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        #4
        Willkommen

        Hallo Cassidy,

        auch von mir ein herzliches Willkommen hier im Forum. Ich finde, dass du natürlich "Krank" bist. Warum daraus ein Geheimnis machen? Warum das "Belächeln" beim Treppensteigen ertragen und nicht einfach sagen, dass eine Muskelerkrankung vorliegt, dass du nichts dafür kannst. Ich denke, die Leute gehen dann anders und besser damit um. Sie haben Verständnis und vernünftige Leute quälen einen auch nicht mit Mitleid, eher mit Mitgefühl, was dann auch mal gut tut. Natürlich kann ich nicht beurteilen, wie es mit deinem Job aussieht, wenn du ehrlich bist und zu deinen Einschränkungen stehst?.... Hast du vielleicht schon mal überlegt, einen Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen. Du schreibst, dass du schon sehr eingeschränkt bist. Dann hättest du einen gewissen "Kündigungsschutz". Leider kenne ich mich aber nicht damit aus. Da müsstest du doch mal Fachleute fragen. Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute und Stärke.... Ich bin im Moment selber nicht so gut darauf. Mein immer da gewesener Optimismus ist wohl im Urlaub. Bei mir ist der Verdacht auf eine Form der Gliedergürteldystrophie und der nächste Termin in der Uni Klinik ist erst im Mai. Die Ärztin hat gesagt, dass man eh nichts dagegen machen kann und nur den Verlauf beobachten sollte. Gentests wurden auch schon gemacht und einiges ausgeschlossen. Mein Ck-Wert ist normal. Also heißt es abwarten und zusehen wie das eine oder andere nicht mehr so gut geht...... Ach ja, was solls.... JAMMERN HILFT NICHTS

        Liebe Grüße und einen schönen 3. Advent wünscht
        Karin

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          #5
          Hallo Cassidy,

          die kalte Jahreszeit zwingt Muskelkranke häufig in eine Niedergeschlagenheit, um nicht gleich von Depression zu reden. Ich weiß jetzt nicht, wo Du lebst, vielleicht lebst Du ja auch in einem warmen Land. Dann mag es nicht die Kälte sein, sondern schlicht die Umstände, die Du beschrieben hast. Gründe, warum Muskelkranke Menschen eine jährliche Phase der Niedergeschlagenheit durchleben, gibt es praktisch wie Sand am Meer. Recht eigentlich wäre also zu sagen, dass Niedergeschlagenheit ein fester Bestandteil jeder Muskelerkrankung ist, die sich durch körperliche Einschränkungen oder Schmerzsymptomatiken bemerkbar macht.

          Du beschreibst, wie Du eingekeilt bist, zwischen dem Wahrnehmen deiner körperlichen Einschränkungen, den Erwartungen an dich selbst, den Erwartungen und Wahrnehmungen deiner Umgebung und den medizinischen Äußerungen über deinen Körper. All diese Blicke auf dich scheinen derzeit für dich schwer auszuhalten zu sein. Soweit ich es verstehe, erwächst Dir dieser schwierige Bezug aus dem Umstand, dass Du als "nicht- krank" angesehen wirst.
          Da hat Karin schon recht, natürlich bist Du im medizinischen Sinne als chronisch erkrankt anzusehen. Nur weil es keinen Namen für deine Erkrankung gibt, oder anders gesagt: nur weil die medizinische Diagnostik deine Erkrankung nicht klassifizieren und inventarisieren kann, heißt das nicht gleich auch, dass Du nicht krank seist.
          Es gibt viele Erkrankungen, die keinen Namen haben, die sich nicht medizinisch ganz klar zuordnen lassen. Diese Zuordnung ist aber aus medizinischer Sicht nicht relevant dafür, ob jemand als krank gilt. Da spielt die Symptomatik eher eine Rolle. Und Symptome hast Du ja. Du beschreibst ja klare körperliche Einschränkungen. ZB könnte der Lungenfacharzt diese Einschränkungen bestätigen usw.

          Wenn bei Dir medizinisch von einer Muskeldystrophie ausgegangen wird, auch wenn da "Verdacht auf.." steht, da gehe davon aus. "Verdacht auf" meint in deinem Falle nicht, dass ein Verdacht auf Krankheit besteht aber möglicherweise auch nicht. Das meint vielmehr, dass auf jeden Fall eine Erkrankung besteht und insbesondere mit Verdacht auf eine Muskeldystrophie. Du hast diesbezüglich also die Klarheit darüber, dass bei Dir eine Muskelerkrankung vorliegt. Aus dieser Perspektive geschaut verwandelt sich das oben geschilderte Problem. Du kannst dein Dilemma benennen für dich selbst, vor anderen als Standpunkt angeben in Bezug auf deine Situation am Arbeitsplatz und gegenüber Behörden.

          Deine körperlichen Einschränkungen sollten also von medizinischer Seite dokumentiert werden. Von solchen Dokumenten solltest Du Dir immer eine Kopie geben lassen. Diese Dokumente belegen nämlich deine chronische Erkrankung und deine Einschränkungen. Das ist ganz wichtig für dich, insbesondere im Hinblick auf Behördenkontakte.
          Auch Krankengymnastik sollte kein Problem darstellen. Dein Hausarzt sollte sie Dir bei der jetzt vorliegenden Diagnose verschreiben können. Wenn die KK sich querstellt, kannst du einen Widerspruch einlegen, da es natürlich bei Dir darum geht, einer weiteren Behinderung vorzubeugen. Zumindest wäre es in Deutschland so.

          Karin schrieb ja schon vom Schwerbehindertenausweiß. Den solltest Du beantragen, weil das Dokument sozusagen die behördliche Bescheinung deiner Einschränkungen ist. Das erspart Dir künftig vielleicht einige Schwierigkeiten, die genau aus solchen unklaren Diagnosen erwachsen. Manche Behördenkontakte enden tatsächlich in der behördlichen Feststellung, es bestehe ja nur ein "Verdacht auf", deshalb sei eine Behinderung nicht anzunehmen. Das ist natürlich kompletter Mist.

          Kompletter Mist ist ebenfalls die Äußerung der Ärztin bezüglich deiner Atemproblematik. So wie ich deinen Text verstanden habe, weißt Du das schon selber. Aber, so ein Wissen schützt nicht davor, aufgrund solcher Äußerungen Ängste zu bekommen. Offensichtlich ist die Ärztin weder schlau in Bezug auf Muskelerkrankungen, noch versiert in dem, was sie vermitteln möchte. Ganz schlechte Kombination. Gibt es leider immer wieder. Arzt, das ist eben auch nur ein Massenberuf, da gibt es immer solche und Solche, wie überall.

          Was mit deiner Atmung ist, merkst Du selbst am besten. Und ich habe jetzt nicht den Eindruck, dass Du, selbst in einem Moment der Niedergeschlagenheit, zu dem Schluß der Ärztin kommst.

          Ich habe aber schon den Eindruck, dass es für dich wichtig wäre, wenn Du für dich einen klaren Standpunkt gewinnen könntest. Bist Du nun krank, oder nicht? Meine ganzen Sätze im Vorfeld legen natürlich schon nahe, dass ich einen Schritt in Richtung fester Standpunkt darin sehe, die eigene Erkrankung anzunehmen, sie auch anderen mitzuteilen. So eine Aussage wie: ich bin krank; bringt erstmal viel Unruhe und Unsicherheit mit sich, aber nur kurz, und dann ist man froh, jetzt so leben zu können, wie man ist, und nicht wie man sein soll.

          In welchem Land lebst Du denn?

          Liebe Grüße
          Guido

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            #6
            Hi cassidy,

            du bist sicher nicht allein bei der langjährigen Diagnosefindung. Mein Verlauf könnte deinem ähneln, nur dass ich nicht mehr arbeiten kann, keine Power, und dass der Oberkörper mehr als beispielsweise die Beine betroffen sind.

            Wenn du keine neuen Symptome entdeckst und keine Unterlagen bspw. für die Rente brauchst, ist die beste Therapie tatsächlich die Kliniken zu meiden. Unterm Strich kommt meistens nicht viel bei rum. Außer vielleicht neue Verunsicherung.

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              #7
              Hallo Ihr Lieben!

              Danke für die vielen lieben Antworten!! Obwohl ich grad schon schlucken musste, als ich so durch die Zeilen stolperte.

              Ja, ihr habt Recht mit vielen Dingen, die ihr sagt. Aber das alles macht mir so viel Angst. Ich habe schlichtweg Angst vor dem Tod. Vor dem Sterben. Vor dem nichts-tun-können.

              Noch etwas mehr zu meiner Situation:
              Ich lebe in Deutschland. Unter der Woche bin ich im Nachbarland am Arbeiten. Ich arbeite bis zu 60 Stunden / Woche und mache Büroarbeiten. Der Job ist eigentlich das, was mich seit dem Besuch bei der doofen Ärztin über Wasser hält.

              Es fällt mir schwer die Dinge zu akzeptieren. Seit ich 18 bin kämpfe ich mit dem Tod (dem Gedanken). Nun bin ich fast 30 und ich bin des Kämpfens einfach müde. Nicht weil ich nicht mehr könnte, ich bin einfach müde. Und das macht nur noch mehr Angst. Wie lange habe ich noch? Ich lebe in einer Beziehung, macht das Sinn? Haben wir eine Zukunft? Wenn ja, wie lange? Was ist mit Hochzeit, Kindern, ....

              Mit der Nicht-Akzeptanz des kranken Körpers und dem Offen halten von der Möglichkeit dass es auch andere Ursachen für meinen Zustand gibt, hat mir immer den Trost gegeben, dass ich etwas machen kann. Das es weiter gehen kann. Das es ein Leben gibt, für dass das Kämpfen sich lohnt. Und das mir auch kein Arzt (und ich habe schon viele gesehen) sagen kann, was es ist... Es ist, als ob man sich eine Tür offen hält.

              Als Beispiel einfach mal die Atmung:
              Ich ging zum Arzt, weil ich stänig schnell aus der Puste war. Bei den Untersuchungen fiel dann auf, dass ich nicht vernünftig atmete. Mein Lungenspezi sagte aber, dass das echt total gering sei und er die Maske lediglich als Unterstützung wollte. Mittlerweile kann ich ohne das Ding nicht mehr liegen. Ich achte darauf WIE ich atme über Tag. Somit fängt dann meist auch die Panikattacke an. Oder es kommt im Verlaufe dessen. Aber ich glaube wenn die Psyche da völlig raus wäre, dann wäre das Ganze nur halb so dramatisch .. ich mache alles viel schlimmer als es ist.

              Ja, in meiner Krankenakte steht unbekannte Myopathie V. a. (Verdacht auf) Muskeldystrophie. Allerdings waren die Aussagen der Ärzte bisher immer "Naja, so wirklich... also IRGENDWAS ist da nicht in Ordnung, aber was können wir nicht sagen."

              Die Beantragung eines Behindertenausweises und das offene Zugeben dieser Krankheit... Der Ausspruch "Ich BIN krank" schließt diese Tür. Ich würde mich damit abfinden. Das widerspricht meinem Naturell. Das tötet meinen Kampfgeist. Und dann "kann ich mich auch gleich in die Kiste legen"... Klingt krass, aber so sieht es in mir aus...

              Verzeiht meine Ausdrucksweise, aber sich tatsächlich offen artikulieren zu können bei Menschen, die tatsächlich annähernd verstehen worum es einem geht tut so unglaubglich gut!!! Und ich bin Euch sehr dankbar für dieses Gefühl!

              Gruß
              Cassidy

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                #8
                Hallo Cassidy,

                gut, dass Du aussprichst, was dich bewegt und was Dir Angst macht. Es zeigt, wie genau Du deine Situation im Blick hast. Es zeigt auch, dass Du die Widersprüche in Dir selbst genau siehst und spürst und in deiner jetzigen Lebenssituation aushälst. Aber leider, das bloße Aussprechen oder Beschreiben der eigenen Widersprüchlichkeiten, Hürden, Eigensinnigkeiten (oder wie immer man das nennen mag) führt noch nicht zu einer Erleichterung deiner Situation. Es mag sich über dieses Forum für dich eine kurzfristige Entlastung ergeben, und das ist natürlich schon viel, aber ich glaube schon, dass sich eine dauerhafte Erleichterung für dich nur über eine Veränderung deiner Situation vor Ort ergäbe.

                Um gleich an einem mächtigen Zahn zu ziehen: deine Erkrankung wird dich nicht sterben lassen!!!!
                Wenn eine Ärztin Dir diesen Mist ins Ohr gesetzt hat, dann zeigt das nur, das sie keine Ahnung von Muskelerkrankungen hat.
                Eine andere Sache ist, dass Du diese falsche Äußerung so annimmst, dass Dir daraus ein großes Problem erwächst, nämlich die Vorstellung: Du, dein ganzes Leben stehe schon dem Tod ganz nah.
                Das ist natürlich nicht so. Oder, wenn es so ist, dann in dem gleichen Maße, wie alle Menschen natürlicherweise dem Tod entgegen gehen. Aber die Diagnose und Beschreibung deiner Erkrankung lässt diesbezüglich keine Schlüsse zu. Dein Leben wird nach deiner Beschreibung deiner Erkrankung nicht durch die Erkrankung verkürzt sein. UND: Alle Beziehungen zu Menschen sind und bleiben sinnvoll.

                Alles das scheinst Du selber zu wissen und meine Aussagen werden Dir nur ein müdes jaja abringen, weil sie eben eins nicht schaffen, Dir das Gefühl der Angst zu nehmen, in dem Du stehst. Und das zeigt auch die Grenze dieses Forums auf. Hier können nur Ratschläge gegeben werden, die immer nur an die Vernunft appellieren. Das Gefühlte kann hier nur besprochen werden, es kann sich nur als über die Vernunft Vermitteltes zeigen, nie aber direkt als Geste oder Verhalten. Das ist bei Angst oft entscheidend. Wie gerne würde man sie einfach wegreden. Und über ein Gespräch ergibt sich ja auch mitunter eine Entlastung, aber es ändert eben nichts an den Grundbedingungen. Der Körper scheint weiterhin verkrampfen zu wollen und irgendwie fühlt man sich weiterhin aus sich selbst ausgeschlossen. Oder anders gesagt: Trotz meines Wissens, dass meine Empfindungen und Gedanken irrational sind, nicht unbedingt der Wirklichkeit entsprechen, gebähren diese ihre eigene Wirklichkeit, die sich mir überstülpt. Das macht Angst.

                Die Geste, also das, wie wir tagtäglich unserem Körper einsetzen, um so zu erscheinen, wie wir es uns wünschen, zB bei Dir: alles, was mit deiner Arbeit zu tun hat und wie Du deinen Körper dafür nutzt; und alles, was mit deiner Freizeit zu tun hat und wie Du deinen Körper dafür nutzt; und alles, was mit Beziehungen zu tun hat und wie Du deinen Körper dafür nutzt usw.
                Und darüber hinaus alles das, wie Du dich in diesen Bezügen erfährst, empfindest und welche Bedürfnisse daraus erwachsen. Alles das ist unter dem Begriff Geste zu beschreiben.
                In der Geste erleben wir uns als Ausdruckseinheit von Körper und Vorstellung in Bezug zur Welt. Genau dieses Köperschema, also das Erleben der Einheit von Vorstellung und Körper, das Erleben des Leibes, zerfällt bei chronisch kranken Menschen leicht. Warum das so ist, liegt eigenlich auf der Hand und Du hast es ja auch für dich in anderen Worten beschrieben. Das Resultat ist nicht selten Angst. Und es ist zum verrückt werden. Selbst wenn man alles klar vor Augen hat, nutzt diese Klarheit nichts, weil eben die Geste einstudierterweise und stur noch so tut, als sei alles in bester Ordnung.

                Du schreibst, dein Naturell ist das einer Kämpferin. Gut. Kämpfe für dich und nicht gegen dich. Aber das sind wieder nur so Wörter, die Du sowieso schon kennst.

                Was ich eigentlich sagen will ist, dass Du vielleicht in einer professionelleren Umgebung über deine Ängste sprechen solltest. Eine Gesprächstherapie ist für alle chronisch kranken Menschen sinnvoll. Sie hat den wesentlichen Vorteil, dass sich in der therapeutischen Situation die Geste mitteilen kann. Allein, dich sitzen zu sehen, würde schon viel erzählen. Daraus kann Erleichterung erwachsen. Ich wünsche es Dir.

                Liebe Grüße
                Guido

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                  #9
                  WOW!!! Deine Nachricht musste ich dann doch noch mehrere Male lesen, bis mein Geist wirklich aufnehmen konnte, was du sagen wolltest. SEHR GENIAL!!!

                  Und ja, das Meiste davon habe ich bereits gehört. Aufgenommen habe ich es wohl noch nicht. Ich GEHE zu einer Psychotherapie in regelmäßigen Abständen. Mit ein Grund wahrscheinlich warum ich mich selber und meine Aktionen / Reaktionen sehr genau anschaue. Ich habe festgestellt, dass dieses Forum enorm hilft innerlich die Dinge aussprechen zu können, die ansonsten eher totgeschwiegen würden, das Gefühl sich Menschen mitzuteilen, die in ähnlichen Situationen sind und somit Verständnis haben für Dinge, die mir noch unklar erscheinen. Aber ich gebe dir Recht, dies ist nicht der Einzige Weg, den man gehen sollte.

                  Parallel zum "mechanischen" krankem (also dem Körper) versuche ich den Geist im Auge zu behalten. Ich versuche herauszufinden was mein Körper ausmacht und was meinen Geist. Ich stehe bei diesen beiden nicht im Einklang. Wie man sicherlich auch aus meinen Äußerungen erkennen kann. Ich habe das Gefühl, dass hierzu ein Block zwischen den Türen liegt. Eine kleine Hürde vor der ich lungere, hin und her gehe und nicht weiß wie ich darüber kommen soll, geschweige denn wie die Hürde aussieht.

                  Geht das nun zu weit?

                  Ich denke auch, dass der Umstand das mich die Paniken, Ängste und düstere Gedanken zur Zeit nicht loslassen (jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit aufs Neue) schlichtweg an der Jahreszeit liegt. Ich meine, weg ist es nie, aber ich habe es dann doch besser im Griff. Oder zumindest scheinbar...

                  Positives Denken - Überlagern der schlechten Gedanken ist eine Art, die eigentlich keine Früchte tragen kann. Denn die schlechten Gedanken gehen nicht weg, sie sind noch da. Aber die Prüfung mit der Realität, kommt mir seeeeeeeehr bekannt vor!! ;-) Und mein Problem (was mein kleines böses Männchen im Ohr mir immer wieder sagt) ist, dass ich keine Diagnose habe. Also jedes Mal wenn die Panik hochkriecht und ich mit dem Gedanken "Du stirbst nicht!" versuche wieder runter zu fahren, dann kommt der kleine Mann und sagt "Woher weißt du das? Vielleicht hatte die Ärztin doch Recht!" Weil ich keine FAKTEN habe, die ich dagegen halten kann. Schön blöd, die eigenen Ängste nicht in den Griff bekommen zu können.

                  Gruß
                  Cassidy

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                    #10
                    Hallo Cassidy,

                    dass Du gerade eine Therapie machst, finde ich gut und richtig und ich hoffe, Du hast einen für dich guten Therapeuten gefunden. Es erklärt auch ein bisschen die Schärfe und Genauigkeit deines Blicks auf dich selbst. Ich wünsche Dir, dass am Ende der Therapie sich wieder zusammengefügt hat, was zur Zeit auseinanderklafft, und die Angst sich erledigt hat. Ich denke, Du bist auf einem guten Weg. Und wir hier begleiten dich dabei, so gut wir es können.

                    Wenn der Blick auf sich selbst so scharf und genau ist, wie er bei Dir gerade ist, dann ist das Erleben von sich selbst natürlich nochmal negativ gesteigert. Wer sieht sich auch schon gerne in Einzelteile zerlegt, oder in seinem ganzen Unvermögen, oder eben so, wie man sich nie sehen wollte. Das ist oft eine Begleiterscheinung einer Therapie, dass zum anfänglichen aber recht unklaren Leidensdruck dann noch die klarste Einsicht in die eigene Problematik dazukommt, ohne dass sich damit gleich eine Lösung verbände. Ein sehr schwieriger Punkt für den Betroffenen, der aber vom Therapeuten aufgefangen werden sollte. So, wie ich dich hier lese, ist dies genau der Fall. Du siehst das ganze Debakel ganz klar, es macht Dir auch Angst, aber Du siehst auch durch diesen ganzen Mist hindurch, da jede deiner Zeilen hier die Hoffung ausdrückt, das Du dein Leben wieder in den Griff bekommst. Du arbeitest daran. Du erarbeitest Dir dein Gefühl der Integrität, es ist nicht gänzlich weg, Du wirst es noch spüren, es war ja auch lange Zeit da, es liegt jetzt eben nur der Block drauf, der jetzt Geist und Körper zu trennen scheint und alles so schwer und fremd erscheinen lässt.

                    Manchmal hilft auch der konkrete Umgang mit gleich oder ähnlich Betroffenen. Die DGM organisiert zB lokale Treffen, wo sich Muskelkranke jeder Art kennen lernen können. So ein Treffen kann vieles durch Diagnosen oder falsche Aussagen Schiefgerücktes relativieren. Betroffene können so sich und ihre eigene Erkrankung besser einordnen und wieder ein stimmiges Bild von sich selbst entwerfen. Es ist ganz klar so, dass das Verständnis über die eigene Erkrankung bei den medizinisch nicht kundigen Betroffenen besser über den phänomenalen Vergleich hergestellt werden kann, als über abstrakte Themen, Texte und Aussagen. Vielleicht würde Dir so ein Treffen auch nochmal anders vermitteln, das Sterben nicht dein Thema ist. Wenn Du daran Interesse hast, erfährst Du die Adresse der Dir nächsten lokalen Gruppe über info@dgm.org oder über die DGM- Zentrale telefonisch: 07665- 94470

                    Im Winter nehmen meine Sorgen und der Grad meiner Niedergeschlagenheit auch zu. Aber ich möchte bei mir nicht von Angst sprechen. Deshalb muss ich nochmal sagen, dass ich es sehr gut finde, dass Du in Therapie bist. Aber ganz klar, der Gedanke, ob eine Therapie fällig ist, ist auch bei mir ein jährlich fester Bestandteil der düsteren Jahreszeit. Ich möchte das nicht verallgemeinern. Viele Menschen mit Muskelerkrankung haben diesen Gedanken nicht, zu keiner Jahreszeit. Sie erleben ihre eigene Situation offensichtlich anders. Ist ja auch gut so. Wie auch immer. Wir werden uns da durch wurschteln, nicht wahr? Alles andere wäre ja auch blöd.

                    Liebe Grüße
                    Guido

                    Kommentar


                      #11
                      Hi Cassidy,

                      ich habe alle Beiträge gelesen und ich frage mich, ob dein Herz schonmal (wieder) kardiologisch untersucht wurde?

                      Herz und Atmung hängen oft voneinander ab. Und ich möchte dir noch etwas sagen: Eine Muskelkrankheit bedeutet in den meisten Fällen keinen frühzeitigen Tod! Ärzte, die dir das sagen, kennen sich schlichtweg nicht aus. Sicher kann man gegen eine Muskelkrankheit nichts machen, aber man kann gut damit leben. Du musst wirklich versuchen deine Situation - so schwer wie sie auch ist (ich verstehe dich wirklich gut!) - zu akzeptieren! Wir müssen das Beste aus unserer Situation machen und rausholen. Das ist allemal besser, als ständig verstimmt zu sein und mit seinem Schicksal zu hadern. Kämpfer sind in der Regel alle Mukis. Weil nichts anderes übrig bleibt!

                      Denk dir, dass du ein Stier bist, und dass du immer nach vorn gehst.
                      Du schaffst das!

                      Glg
                      Lani

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                        #12
                        Muskeldystrophien - Morbus Pompe

                        Hallo Cassidy,
                        habe deine Geschichte gestern gelesen und sie hat mich an meiner Erinnert.
                        Der Verlauf ist so ähnlich und auch die Diagnosen.
                        Bei mir fing es vor gut 10 Jahren spürbar an (Laufen, Aufstehen, Fallen Luftprobleme). Als Diagnose wurde Muskeldystrophie Diagnostiziert , mal mit Typ mal ohne. Dann hatte ich von der DGM in Wiesbaden gehört und die hatten dann den Verdacht auf Morbus Pompe. In der UNI Mainz hat man es dann bestätigt. Das Problem an Pompe ist, das es so selten ist. Evtl. solltest Du mal Deinen Arzt fragen. Allerdings, wie gesagt die Wahrscheinlichkeit ist gering. Wir sind nur ca. 150 Betroffenen in Deutschland. Daher ist diese Art sehr unbekannt – auch bei den Ärzten. Als Abklärungen sind 5 Blutstropfen nötig (gingen in meinen Fall nach Mainz in die UNI (Villa Metabolika), einen Arzt, der sich damit auskennt (der sieht es an der Art Deiner Bewegungen) und als letzte gibt es einen Gentest.. Allerdings gibt es eine Therapie, die je nach Betroffenheit hilft.
                        Ansonsten alles Gute und las Dich nicht unterkriegen.
                        TommiH

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                          #13
                          Hey Tommi!

                          Danke für Deine Nachricht! Hat mich gestern (mal wieder) ganz schön aus dem Leben gehauen. Zumindest nach dem ich bei Wikipedia mal nachgesehen habe, was das so ist... Um sieben heute morgen habe ich dann aufgegeben schlafen zu können..

                          Ich wünschte einfach ich hätte da ein Patentrezept. Aber die Angst haut mich echt voll raus jedes Mal.

                          Aber danke für den Tipp!!! Ich werde wohl doch noch mal wieder zum Arzt müssen. Habe mittlerweile nur Kritik am Muskelzentrum gehört, bei dem ich war. Vielleicht sollte ich noch mal ein anderes besuchen.

                          Euch allen Dank für die aufmunternden Worte!!

                          Gruß
                          Cassidy

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                            #14
                            Ich weiß der Beitrag ist schon ne Zeit lang her.. . aber ihc hab mich eben so durchgelesen.
                            und wollte daher mal fragen, ob du schon ne Diagnose bekommen hast?
                            ich bin auch myopathiker mit V.a. Muskeldstrophie.. wart noch auf Biopsieergebnisse.

                            LG SIlke
                            LG Silke

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                              #15
                              Muskelzentrum

                              Hallo Cassidy,
                              sorry für die späte Reaktion, ich war auf REHA am Hohen Meissner für 4 Wochen. Dort sind sie auf Muskelkranke spezialisiert und ich finde mich da ganz gut aufgehoben. Hier arbeitet auch Dr. Schrötter, der sich gut mit Muskelkrankheiten auskennt.
                              Bezgl. eines Muskelzentrumes kann ich auch nicht viel sagen. Habe auch schon schlechtes gehört und gutes. In der Regel hängt es davon ab, wie gut der Artzt ist, bzw. was er alles schon kennt. Schlecht ist es wohl, wenn er meint zu wissen was man hat und dann sich verrennt.
                              Ich habe gute Erfahrungen mit der DKD Wiesbaden gemacht (Dr. Schrank http://www.rhoen-klinikum-ag.com/rka...Wiesbaden.html ) und jetzt mit der Villa Metabolika in Mainz (für Lysosomale Speicherkrankheiten http://www.villa-metabolica.de/html/de/index.php ), die für meine Krankheit spezialisiert ist.
                              Bleib immer Ball und frage kritisch nach, wenn was unklar ist. Eine Biopsie muss auch nicht immer was bringen, wenn man nach dem falschen sucht. So war es bei mir.
                              Die Untersuchung auf Pompe war ein kleiner Kampf.

                              Also viel Glück und wenn was ist, einfach schreiben.
                              Liebe Grüße
                              TommiH

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