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Muskelzuckungen nach traumatischem Ereignis

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    Muskelzuckungen nach traumatischem Ereignis

    Hallo ihr Lieben,

    kurz zu mir, ich bin 26 Jahre und musste vor ca 2 Wochen meinen Vater nach 4 wöchigem Kampf zunächst gegen Corona und andauernde aspirationspneunomien gehen lassen.
    Mein Vater litt an Demenz.. die letzten 4 Wochen waren eine emotionale Achterbahnfahrt. Wir durften nicht zu ihm, wegen Corona & er konnte natürlich selber weder sprechen noch sich bewegen, wir waren einfach machtlos und hilflos.

    Zunächst sah es auch so aus, als sei er auf dem Weg der Besserung, leider scheint er aber das schlucken im KH verlernt zu haben, sodass wir uns damit abfinden mussten, ihn verhungern zu lassen. Bei Demenz legt man angeblich keine peg mehr. Das sei ethisch nicht korrekt. Insgesamt wurden wir 2 mal nachts angerufen und sollten uns verabschieden. Beide Male hat er überlebt…

    Naja, irgendwann lag er dann auf der Palliativstation und die Ärzte waren das aller letzte. Auf unseren Wunsch hin, hätte man nun doch eine peg legen können, aber uns wurde stark davon abgeraten. Alleine die Entscheidung treffen zu müssen, lassen wir ihn verhungernd, oder nicht, war unmenschlich…ich habe viel geweint, geschrien, gezittert, das volle Programm.

    die Entscheidung wurde uns dann allerdings durch eine erneute Lungenentzündung abgenommen, wenig emphatisch sagte und die Ärztin, dass er jetzt sterben wird. Das hat er natürlich mitbekommen und sein Gesicht verzogen, sowas habe ich noch nie in meinem Leben gesehen, er hat geweint…
    ich werde das mein Leben nicht vergessen können.

    jedenfalls wurde er dann unter Morphium gesetzt und hat von dann auch die Augen nicht mehr geöffnet. Ganze 5 Tage lang hat er gekämpft und lag im Sterben. 5 Tage lang haben wir uns täglich mehrmals verabschiedet, weil wir dachten, dass ist das letzte mal, dass wir ihn sehen

    ungefähr am 3. der 5 Tage hat dann mein kleiner zeh angefangen zu Zucken. Nervig dachte ich mir, habe dem aber weiter keine große Beachtung geschenkt. Leider hat er seitdem nicht mehr aufgehört und mittlerweile zuckt mein ganzer Körper überall abwechselnd. Es war wohl schon der größte Fehler von mir, nach meinem Symptomen zu googeln, aber leider habe ich das neunmal getan. Fazikulationen am ganzen Körper könnten als bedeuten…

    Seither befinde ich mich in einer abwärtsspirale. Da ich nun auch Corona habe, kann ich zu keinem Arzt und beim Neurologen habe ich eh erst Ende August einen Termin bekommen können.

    Ich fange sogar an, mich ständig selber zu testen. Funktionieren meine zehn, Finger, habe ich Kraft? - es ist furchtbar und ich weiß nicht wie ich da rauskommen soll. Ich bilde mir ein, meine muskeln fühlen sich schwächer an, nehme Magnesium, b12 und lasea, aber nichts hilft

    es tut mir unendlich leid, dass ich euch mein Leid klage, aber die Angst macht mich wirklich fertig

    LG

    #2
    Liebe Laura,

    das tut mir unendlich Leid was da passiert ist und grade habe ich auch Gänsehaut beim Schreiben. Mein herzliches Beileid für dich!

    Zu deinem aktuellen Problem würde ich sagen, dass dein Körper durch das durchgemachte komplett aus dem Ruder ist. Stress wäre noch eine ordentliche Untertreibung des Ganzen, aber solche Reaktionen wie Zuckungen nach dem durchgemachten sind nicht unüblich. Versuche so gut es geht erst mal zur Ruhe zu kommen und schaue wie es sich entwickelt mit zeitlichem Abstand.

    Dir muss es nicht Leid tun, denn wir alle haben hier keine Lust dran über unsere Probleme zu schreiben aber sie sind nun mal da.

    Alles Gute für Dich!!!

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      #3
      Hallo JayCee,

      lieben Dank für deine tröstenden Worte. Ich weiß das sehr zu schätzen. Ich denke auch, die Psyche ist wirklich mächtiger als man denkt. All die Jahre mit der Demenz war es ja auch nicht leicht. Ein normales Teenager Dasein mit verreisen etc. Kannte ich nicht, aus Angst, mit meinem Papa passiert etwas. Die letzten Wochen waren wahrscheinlich nur noch das Sahnehäubchen

      ich hoffe auch, dass die Zucken irgendwann wieder weggehen, denn die sind wirklich nochmal eine enorme zusätzliche Belastung, speziell, weil man sich so darauf fokussiert.

      Ich wünsche dir auch alles, alles Gute!

      lg
      laura

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        #4
        Friss das nicht in dich rein! Such dir Hilfe, auch professionelle, falls noch nicht geschehen. Die Beschreibung des "Vorgangs" rund um deinen Vater klingt fürchterlich und das ist noch gelinde ausgedrückt.

        Ich wünsche dir, dass die Aufarbeitung gelingt und du trotz allem glückliche Jahre vor dir hast!

        Die Zuckungen kannst du mit hoher Wahrscheinlichkeit vergessen, das wird dir der Neurologe im August auch bestätigen!

        Grüße aus dem Norden

        Schnecke

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          #5
          Das tut mir total leid, was du durchgemacht hast. Mein herzliches Beileid zum langsamen und dann doch sehr schnellen Verlust deines Vaters. Demenz ist hart für Angehörige, vor allem wenn du selbst noch so jung bist. Dass jetzt sein Tod wegen Corona in so einem unglücklichen Setup passieren musste, mit Ärzten, die es teils an Empathie vermissen ließen, macht die ganze Sache, wie du sagst, zu einem traumatischen Ereignis.
          Davon (und von deiner eigenen Corona-Corona-Infektion) musst du dich erstmal akut erholen. Ich nehme nicht an, dass du in der Zeit gut geschlafen hast.
          Auch körperlich war das bestimmt total strapaziered und die Trauer jetzt ist es auch. Kurz nachdem mein Freund gestorben war, war ich plötzlich abends zu einer für mich ungewöhnlichen Zeit todmüde, immer ganz plötzlich. Ich bin zweimal fast im Auto weggenickt. Das ging dann auch wieder vorbei. Ich will nur sagen, dass dein Körper jede Menge Symptome produzieren kann um auf irgendeine Art diesen Stress zu verarbeiten. Somatisierung heißt das dann. Und du zeigst alle Anzeichen dafür, dass die Psyche so überlastet ist, dass es sich in körperlichen Symptomen niederschlägt. Mach dir bitte überhaupt keine Sorgen um dieses Zucken. Zucken tun ganz viele, in den allermeisten Fällen hat das überhaupt keinen Krankheitswert, schon gar nicht allein. ALS kannst du dir sicher aus dem Kopf streichen. Bitte bitte, wirklich. Aber du kannst das Zucken als Warnsignal deines Körpers nehmen, dass du dir wirklich Zeit für die Psyche geben musst. Einen so belastenden Verlust zu verarbeiten ist wirklich nicht leicht. Such dir Leute mit denen du drüber sprechen kannst, gerne auch professionelle Hilfe. Es gibt bestimmt auch irgendwelche Gesprächskreise für Trauernde. Du kannst dir gute Podcasts zum Thema anhören oder Berichte von anderen lesen. Es ist jetzt alles erlaubt, egal wie du dich fühlst, das ist genauso okay.

          An dieser Stelle möchte ich dir und auch allen anderen ein Buch eines tollen Palliativmediziners empfehlen, dass ich zusammen mit meinem Freund in seinen letzten Monaten als Hörbuch angehört habe.

          Das Buch von Gian Domenico Borasio heißt"
          "Über das Sterben: Was wir wissen. Was wir tun können. Wie wir uns darauf einstellen"

          Es hat uns beiden viel Angst genommen und ich habe superviel gelernt, auch wenn es teilweise sehr ernüchternd war was unser Gesundheitssystem angeht. Da habe ich auch gelernt, dass bei Demenz im Endstadium den Erkrankten richtig der Hunger und Durst abhanden kommt. Vor einigen Jahren hätte man die dann mit einer Magensonde am Leben gehalten, aber das ist ethisch tatsächlich heikel, wenn das nicht vorher in einer Patientenverfügung so gewünscht wurde.
          Nicht ernährte demenziell Erkrankte können bei guter palliativer Versorgung sehr friedlich sterben, aber an dem Punkt war dein Vater vor der Corona-Erkrankung wahrscheinlich noch nicht.
          Durch die Corona-Infektion und die Lungenentzündungen wurde dann vermutlich sein Gesamtzustand inkl. Demenz drastisch schlimmer und er hat in einer klinischen Kulisse das im Schnelldurchlauf durchgemacht, was seine Grunderkrankung leider später auch mit ihm gemacht hätte. Das ist furchtbar, dass er euch so entrissen wurde und dass ihr so lange um ihn bangen musstet, ohne ihn daheim haben zu können.

          Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft und gutes Zusammenhalten. Das ist nichts worüber man hinwegkommen muss, das ist was, das immer bei einem bleibt, das einen verändert. Und das meine ich ganz wertneutral, jeden Tag wachen wir ein winziges bisschen als jemand anderes auf als am Vortag. Wir lernen, aus schlimmen wie aus schönen Sachen. Ich verspreche dir, so wie es sich jetzt anfühlt, fühlt es sich nicht für immer an.

          Trauer ist die Kehrseite der Liebe. In einem jemand egal gewesen wäre, würde es einen nicht so fertig machen. Und dass zu wissen hilft vielleicht ein bisschen. Denn irgendwann denkst du nicht an deinen Vater und hast ihn sofort im Krankenbett im Sinn, sondern du erinnerst dich an deinen Vater und freust dich, weil ihr schöne Sachen zusammen erlebt habt. Es braucht einfach Zeit diese letzten superintensiven Wochen etwas verblassen zu lassen, damit man sich wieder an das erinnern kann, weshalb man jemanden vermisst.
          Zuletzt geändert von Blixa; 24.06.2022, 01:00.

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